Jeder gegen sich selbst

Das Kuratorium für Verkehrssicherheit meldet „Spannungen im Straßenverkehr“. Um das herauszufinden, hätte man nicht 600 Interviews mit verschiedenen Verkehrsteilnehmern führen müssen. Eine halbstündige Verkehrsteilnahme hätte gereicht.

Fußgänger klagten über „rücksichtslose Radler“, Autofahrer über „unaufmerksame Fußgänger“, Radfahrer über „zu knapp überholende Autos“, Autofahrer über Radler ...

Alles längst bekannt. Die entscheidende Frage ist doch: Wer ist wer? Kämpft da nicht jeder auch gegen sich selbst? Die Rollenverteilung ist fließend: Wer gestern im Auto über den Zebrastreifen raste, regt sich heute, als Fußgänger, darüber auf, dass ihm ein Autofahrer den Vorrang nimmt. Und morgen ist er Radfahrer und beschimpft die Fußgänger, die den Zebrastreifen auf der Radspur überqueren. Mit der Rolle wechselt man die Seiten und verurteilt den, der man gestern war oder morgen sein wird. Jeder gegen jeden. Und jeder gegen sich selbst. Hauptsache, die Wut kann raus. Auch das ist Straßenverkehr: ein Überdruckventil.