Ich rede, also bin ich

Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Wir leben im Geräuschzeitalter.

von Guido Tartarotti

über das, was derzeit jeder macht: Worte.

Seit einer Woche wird vor allem eines gemacht: Worte. Jeder hat jetzt etwas, und zwar etwas zu sagen, und wer nichts hat, besorgt sich etwas, das er sagen kann. Das ist die derzeit wichtigste Form des Besitzes. Alle sagen etwas, das Gesagte schwillt zur Flut und die Flut muss abgeleitet werden, dafür gibt es Kanäle: all die vielen sozialen und asozialen Medien.

Jeder kommt jetzt zu etwas, nämlich zu Wort: die Betroffenen, die Heuchler, die Empörten. Die über die Empörung Empörten. Die Meiner. Die Mahner. Die Mutmaßer. Die Medienkritiker. Die Medienkritiker-Kritiker. Die Abertausenden Luftfahrtexperten, die über Nacht auf den Bäumen wuchsen (und eine Nacht später auch noch Psychologen geworden waren). Die Schlagzeilenschaumschläger. Und auch die Metaebeneneinebner. Wir alle halten viel, vor allem von uns, aber niemals den Mund. Worüber man reden kann, darüber wird nicht geschwiegen. Und worüber man nicht reden kann, darüber erst recht nicht. Wir leben im Geräuschzeitalter: Ich rede, also bin ich.

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