Wie Karaoke – nur besser
Man sollte sich Gedanken machen, ob nicht Wahrhaftigkeit ist als perfektes, austauschbares Belten
Diese Woche ist nicht nur eine wichtige für das Ballett, sondern auch fürs Musical. Am Donnerstag hat die erste Großproduktion des neuen Wiener Intendanten Christian Struppeck, „Natürlich Blond“, Premiere. Am Freitag läuft die Musical-Verfilmung „Les Misérables“, ein Kult-Stück, seit seiner Wien-Premiere vor 25 Jahren auch hier bestens bekannt, im Kino an.
Einige Besucher konnten den für acht Oscars nominierten Film schon vorab sehen. Die meisten von ihnen griffen am Ende zum Taschentuch. Und sie fanden wohl – wie auch der Autor dieser Zeilen – dass der Titel der Spiegel-Rezension doch etwas hart geraten ist: „Wie Karaoke – nur schlimmer“.
Das Besondere an diesem Film ist damit aber angesprochen: Stars wie Hugh Jackman, Anne Hathaway und Russell Crowe singen sich die Seele aus dem Leib. Es wurde nämlich nicht alles vorher im Studio aufgenommen, es gab kein Playback, jeder Darsteller musste beim Dreh live singen. Das ist zutiefst berührend, und man verzeiht Jackman jeden falschen Ton. Das Lied „Bring him home“ liegt ihm viel zu hoch, er distoniert ständig, rettet sich nur mit Kopfstimme drüber – und bekommt gerade dadurch besondere Authentizität.
Nun hat freilich kaum ein Theater einen Jackman zur Verfügung. Aber man sollte sich Gedanken machen, ob nicht Ausstrahlung und Wahrhaftigkeit wichtiger sind als perfektes, austauschbares Belten (die viel zu oft eingesetzte Musical-Gesangstechnik, Anm.) von der Stange.
Kommentare