Das Vermögen, sich zivilisiert auszudrücken, korrelierte nicht unbedingt mit der Größe des eigenen Sendungsbewusstseins.

von Philipp Wilhelmer

Wie Journalistinnen gemobbt werden

Nach einem Jahr Wahlkampf müssen wir keine weitere TV-Diskussion mit den beiden Spitzenkandidaten Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen ertragen. Überraschenderweise zogen uns nicht die teils übel missglückten Fernsehauftritte der beiden den Nerv, sondern das, was im Internet auf Facebook und diversen Onlineforen damit veranstaltet wurde. Freundlich ausgedrückt: Das Vermögen, sich zivilisiert auszudrücken, korrelierte nicht unbedingt mit der Größe des eigenen Sendungsbewusstseins.

Dass sich hier vor allem die Radaubrüder im blauen Lager hervortaten, überrascht nicht. Die Partei hat früher als alle anderen erkannt, dass Facebook ein wichtiges Werkzeug zur Meinungsbildung ist. Außerdem wird der schrille Ton, den Heinz Christian Strache gern benutzt, gut gehört. Im Internet zählt die Auffälligkeit, nicht die sinnvolle Sortierung der eigenen Argumente.

Dass der durchgebrannte öffentliche Diskurs im Netz auch auf die Arbeit unabhängiger Journalistinnen Einfluss hat, ist eine beschämende Nebenwirkung. Moderatorinnen wie Corinna Milborn müssen rund um Interviews mit blauen Politikern ihre Kinder davor schützen, was über sie gepostet wird. So etwas ist unerhört.

Wir können so nicht weitermachen. Das wird immer mehr Mitmenschen bewusst, wie die Postings auf KURIER.at unter einer Story über Milborn beweisen: Zahllose Stimmen der Vernunft bieten den Hasspostern Paroli. Höchste Zeit für so ein Zeichen.

Nachtrag: Das Forum zu der Story musste letzten Endes geschlossen werden. Es handelte sich zwei Tage lang um den meist gelesenen und hundertfach kommentierten Artitel. Die Zahl der hetzerischen Postings konnte nicht mehr hingenommen werden.

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