Ges.m.b.H.: Klassenkampf

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Über die Altersweisheit des Kaffeesieders Hawelka
Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Als man jetzt den 100. Geburtstag des Kaffeesieders Leopold Hawelka beging, war dieser sehr erfreut, an der Feier nahm er aber nicht teil. Ein weiser Mann. Ab einem gewissen Alter muss man sich der Öffentlichkeit entziehen, dies ist der einzige Weg zur lebenden Legende. Kaum sehen einen die Leute immer wieder, schon urteilen sie, vermessen einen, stecken einen in Kartons und beschriften diese dann mit Titeln wie, Spaßvogel, Hero, Tunichtgut, Kaffeesieder, Koch oder Lemure. Bei Herrn Hawelka haben sie sich immer schon schwergetan, der war zwar immer da, aber Kraft seines zurückhaltenden Wesens, auch immer irgendwie ein wenig weg und ließ sich nur schwer klassifizieren. Es ist gemeinhin nicht von Vorteil von Wissenden und Unwissenden taxiert zu werden, jeder macht sich sein eigenes Bild, das dann wesentlich mehr mit dem Betrachter, als mit dem Objekt der Betrachtung zu tun hat. Nehmen wir den Regisseur Luis Buñuel, der einen extravaganten Kollegen auf der Kunstakademie hatte, ein schüchterner junger Mann, seltsam gekleidet mit einem übergroßen Hut und einer, bis zu den Kniekehlen hängenden, Jacke. Um 1926 kam es zum mündlichen Examen und man musste sich dem strengen Professorenstab stellen. Plötzlich stand der schüchterne Kommilitone auf und sagte: "Ich gestehe niemandem das Recht zu, mich zu beurteilen. Ich gehe." Er ging so, wie Leopold Hawelka erst gar nicht gekommen war und auch als der Vater des Schülers nach Madrid eilte um die Wogen zu glätten, war es umsonst: Salvador Dali wurde der Akademie verwiesen. Einladungen, Beschwerden, Hinweise: karl.hohenlohe@kurier.at

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