Europa von innen: Machtverschiebung im EU-Parlament
Die Wahl findet offiziell am 17. Jänner statt, aber es steht schon fest: Martin Schulz wird der neue Präsident des Europäischen Parlaments. Der deutsche SPD-Politiker löst nach zweieinhalb Jahren Amtszeit den polnischen Konservativen Jerzej Buzek ab.
Der Wechsel basiert auf einer großkoalitionären Abmachung zwischen Europäischer Volkspartei (EVP) und Europäischen Sozialdemokraten (SPE). Mit wenigen Ausnahmen haben sich die beiden größten Fraktionen seit der ersten demokratischen Europa-Wahl 1979 die Führung im Parlament geteilt.
Nach dem ruhigen polnischen Protestanten will Schulz neue Akzente setzen. Mit ihm rückt ein Sozialdemokrat an die Spitze einer EU-Institution. Ratspräsident Herman Van Rompuy und Kommissionspräsident José Manuel Barroso gehören zur EVP-Parteienfamilie. Nur zwei Mitgliedsländer haben sozialdemokratische Regierungschefs: Das sind Bundeskanzler Werner Faymann und die Dänin Helle Thorning-Schmidt.
In den vergangenen Monaten haben Schulz und Faymann eine enge Beziehung aufgebaut. Der Kanzler schätzt das „soziale Engagement“ des Deutschen und hat in ihm einen Mitstreiter in sozialen und in Beschäftigungsfragen gewonnen. Mindestens drei Mal in der Woche telefonieren die beiden.
Faymann unterstützt auch die Anliegen des künftigen Parlamentspräsidenten, die europäische Volksvertretung im Kreise der Staats- und Regierungschefs aufzuwerten.
„Das Europäische Parlament soll stärker in die Sitzungen des Europäischen Rates eingebunden werden“, sagte Faymann zum KURIER. „Zu Beginn der Ratssitzungen (EU-Gipfel, Anm.) sollte es eine ernsthafte Abstimmung mit dem Parlament geben. Es darf nicht wie bisher nur bei einem Begrüßungsritual des Parlamentspräsidenten bleiben.“ Unter den EU-Granden wird der Anspruch von Schulz, bei Gipfeltreffen am großen Tisch zu sitzen, noch für große Debatten sorgen.
Gewählt werden nächste Woche auch die Vizepräsidenten. Othmar Karas stellt sich zur Wahl und wird künftig ranghöchster Österreicher im Europäischen Parlament sein.
Das Rennen um die Schulz-Nachfolge in der SPE-Fraktion dürfte Hannes Swoboda gewinnen. Damit bekommt er ein mächtiges politisches Amt, die Sozialdemokraten sind die zweitstärkste Fraktion.
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