Stöger: Die Werbe-Ikonen

Peter Stöger
Durchblick: Die Fußballer von heute haben Tattoos und die Haare schön und verdienen damit Geld.

Italiens Andrea Pirlo und Mario Balotelli haben eines gemeinsam: Beide sind hervorragende Fußballer. Vom Typ her bevorzuge ich aber Pirlo, ebenso wie mir ein Lionel Messi vom Auftreten besser gefällt als Cristiano Ronaldo. Dabei handelt es sich wie gesagt nur um optische Präferenzen. Die Modeerscheinungen der heutigen Fußballer-Generation sind natürlich ganz andere als noch zu meiner Zeit. Heute ist ein Spieler, der keine Tätowierung hat, schon die Ausnahme.Ich hatte einst die berühmte und damals durchaus modisch vertretbare Vokuhila-Frisur und ein Flinserl im Ohr. Tattoos wären bei mir schon allein wegen meines geringen Körperfett-Anteils heikel gewesen, bei mir hätte man wohl gleich bis auf den Knochen durchgestochen.

Vermarktung

Die heutigen Klassespieler sind in gewisser Weise ihre eigene Firma, sie wollen und müssen sich sogar abseits des Platzes im Fußballgetriebe positionieren, eine Nische finden. Das hat auch mit dem vermehrten Medienaufkommen zu tun, die Spieler werden dadurch immer mehr Subjekte der Begierde für die Werbeindustrie. Begonnen hat dieser Styling-Hype so richtig mit David Beckham. Ich sehe diese Entwicklung nicht negativ, betrachte es vielmehr gelassen, interessiert. Ab und zu finde ich es auch witzig. Bei meinen Austria-Spielern halten sich diese Erscheinungen allerdings in Grenzen. In der täglichen Arbeit beurteile ich aber ohnehin nicht das schönste Tattoo oder die steilste Frisur, sondern Charakter und Leistung. Ein Tattoo macht noch lange keinen starken Mann. Stark war aber der Auftritt der Italiener im Viertelfinale gegen England. Diese Spielweise habe ich ihnen bei diesem Turnier nicht zugetraut. Allerdings haben sie im Duell mit Deutschland einen großen Nachteil, denn die Deutschen haben zwei Tage mehr Zeit, sich von den Strapazen zu erholen. Bis Donnerstag kann Italien körperlich gar nicht die Frische erreichen, die die Deutschen haben werden.

Nachteil

Denn am Ende einer langen Saison sind bei einem dermaßen intensiven Turnier wie der EURO mit schweren Spielen alle vier Tage zwei Tage mehr Regeneration ein willkommener Startvorteil. Was die Italiener jedoch sehr wohl ins Treffen führen können ist die geistige Frische. Sie haben gut gespielt, sind verdient aufgestiegen, auch wenn sie in der Elfmeter-Dramaturgie schon mit einem Bein ausgeschieden waren. So etwas gibt Kraft. Vor allem auch Goalie Buffon, der den entscheidenden Elfer gehalten hat. Er wird vielleicht ein wichtiger Faktor im Kampf um den Finaleinzug sein. Dennoch: Den körperlichen Nachteil können die Italiener nur schwer kompensieren, der Modus spielt den Deutschen klar in die Karten.

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