Wann haben so viele Poster eigentlich aufgehört, Flüchtlinge als Menschen zu betrachten?

von Mag. (FH) Katharina Zach

über die Entmenschlichung im Netz

Es war die naheliegendste Lösung, die das Stadtbad Mödling gewählt hat: 16 junge Asylwerber unterstützen die Bademeister als Dolmetscher und Vermittler. Seit 1. Juni sind jeden Nachmittag zwei Flüchtlinge im Einsatz. Und zwar offenbar so friktionsfrei und unauffällig, dass keiner sie bemerkt hat. Doch als ich als Redakteurin eineinhalb Monate nach Start über dieses harmlose und sinnvolle Integrations-Projekt berichte, brechen bei manchen Postern in sozialen Medien alle Dämme.

"Dann sind wir Frauen verloren...Hilfsbademeister für ihre Ficki-Ficki-Kumpane", postet etwa eine Facebook-Nutzerin völlig ungeniert öffentlich. "Wird da eine Vergewaltigung Organisation gegründet" (sic!), eine andere. Und eine Facebookseite ortet "Grabschi, grabschi mit Segen des Staates". Keine dieser Meldungen verstößt übrigens gegen die Gemeinschaftsstandards von Facebook und schön langsam frage ich mich, ob ich noch Teil einer solchen "Gemeinschaft" sein will.

Doch vor allem, was soll Ebrahim nun denken: Jener junge Mann, den ich für den Bericht interviewt habe; der beim Händeschütteln eine kleine Verbeugung gemacht hat und der stolz von seiner Aufgabe, dem Bademeister zur Hand zu gehen, zu dolmetschen und Müll wegzuräumen, erzählt hat. Er hat diese Postings vermutlich auch gelesen. Wie fühlt sich ein 18-Jähriger ohne Heimat und ohne Eltern, der sein Bestes gibt, um sich in Österreich zu integrieren, nach solchen Meldungen? Stimmt, nicht alle Flüchtlinge sind nett, manche werden kriminell und viele Sorgen sind berechtigt. Doch wann haben so viele Poster eigentlich aufgehört, Flüchtlinge als Menschen zu betrachten? Laut dem ZARA-Rassismus-Report sind die Meldungen über rassistische Vorfälle im Netz von 2014 auf 2015 massiv gestiegen.

Doch man muss nicht tatenlos zusehen – das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Meldet Hassbotschaften, zeigt die Poster an. SOS Mitmensch hat dazu nun einen Leitfaden online gestellt. Und auch der KURIER ist unter #GegenHassimNetz aktiv. Holen wir uns das Netz zurück.

eMail: katharina.zach@kurier.at

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