The show must not go on

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Oho Ohio! Dort posierten US-Spieler und Mexikaner vor ihrem Qualifikationsmatch demonstrativ Arm in Arm für ein Foto. 93 Minuten später hielt die US-Mauer nicht. 1:2. Wofür CNN Teamchef Jürgen Klinsmann verantwortlich macht. Aber auch wenn er und sein Co Andreas Herzog gemäß Vertrag bis Juni 2018 bleiben – das Weiße Haus werden sie (anders als in der Ära Barack Obama, der die US-Kicker empfing) nicht mehr von innen sehen. Wie für so viel, was aus Europa kommt, kann sich Donald Trump auch für Fußball nicht erwärmen. Das ist freilich das geringste Problem.

Das Entsetzen über die US-Wahl ebbt auch in Sportlerkreisen nicht ab. Medienwissenschaftler geben dem Boulevard Mitschuld am Trump-Triumph. Ihr Vorwurf: TV, Print und Netz hätten dem vermeintlichen Pausenclown, die Folgewirkung völlig unterschätzend, aus Gier um jede Schlagzeile anfänglich eine viel zu große Plattform gegeben, worauf die Trump-Show eine Eigendynamik bekam. Top-Quoten und Klicks sind gefragter als Seriosität. Ein Trend, der vor dem Sportgeschehen nicht halt macht, zumal das – im Gegensatz zur Politik – auch Unterhaltungswert beanspruchen darf.

Ein Fußballer, der mit Ferrari und 1,5 Promille im Blut gestoppt wird, kann mit größerem Echo rechnen als ein Vorzeigeprofi, der in einem Länderspiel 13 Kilometer rennt.

Aussehen und Show werden wichtiger als die Leistung. Umso bemerkenswerter, dass es mit Peter Stöger und Ralph Hasenhüttl zwei österreichische Trainer ohne Skandale und provokante Sprüche in Deutschland zu medialer Dauerpräsenz und Anerkennung brachten. Obwohl die Bundesliga keinem Ösi vorbehaltlos den roten Teppich ausrollt.

In Österreich wiederum erwarb der Schweizer Marcel Koller nach anfänglicher Skepsis als Teamchef mit seiner unaufgeregten Art viele Sympathien. Nach der verkorksten EM und dem neuerlichen Punkteverlust in der WM-Qualifikation läuft die Schonfrist ab. Obwohl Koller nicht schuld ist, dass mit freiem Auge kein Torjäger und Nachfolger für Marc Janko in Österreich zu erkennen ist. Obwohl Nationalteam-Fans toleranter sind als Vereinsfanatiker. Und obwohl ORF-Chefanalytiker Herbert Prohaska moderater urteilt als das in populistischen TV-Zeiten international üblich ist. Vielleicht auch, weil Prohaska nicht vergessen hat, wie man seinerzeit mit ihm als Teamchef umgegangen ist. So hatte sein heutiger Dienstgeber schon vor einem Ländermatch in Dublin eine Stadion-Kammer für eine Live-Diskussion danach gemietet – mit Otto Baric als Studio-Gast, Kritiker und gedachtem künftigen Teamchef in Personalunion.

Im Kammerl roch es nach Polizeihunden, die dort zuvor untergebracht waren. Alles war vorbereitet für den Abschuss von Prohaska, der dann aber noch drei Jahre Teamchef blieb und Österreich zur WM 1998 führte. Denn Toni Polster und Andreas Ogris verhinderten die hundsgemeine Aktion. Indem sie Österreich zu einem 3:1-Sieg schossen. Als der Gegner wie gestern ... Irland hieß.

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