Gefühlsbäder

Bernhard Hanisch

Bernhard Hanisch

Die EM ist zu Ende. Noch weiß man nicht, was man von ihr so halten soll.

von Bernhard Hanisch

über die EURO 2016

Schade. Sehr sogar. Cristiano Ronaldo polarisiert nicht mehr. Vom Franzosen Payet mit rustikalem Einsatz vom Platz getreten, musste der Superstar gestern frühzeitig das EM-Finale verlassen. Selbst jene Spötter, die den Portugiesen zwar als Ausnahme, aber als wehleidige Diva bezeichnen, konnten ihm das einfach nicht gönnen. Unmöglich. Ronaldo hat gewonnen – aus ehrlichem Mitgefühl entstandene Sympathien. Und die EM.

So wurde es nichts, aus der grundsätzlich charmanten Idee vom französischen Titelgewinn. Aber hat diese EM guten Fußball geboten? Oder doch zu defensiv orientierte, zur Langeweile tendierende Vorstellungen? Und weichte ein aufgeblasenes Starterfeld von 24 Teilnehmern den schon verkrusteten inneren Zirkel der europäischen Fußball-Großmächte auf?

Oder führte es zur Überforderung des stundenlang in der Wohnzimmercouch versunkenen, manchmal umsonst auf Höhepunkte hoffenden TV-Konsumenten?

Rekordsumme

Muss man sich gar um die UEFA Sorgen machen? Weil der europäische Verband zum Platzen nah satt sein muss? Nach 1,9 Milliarden Euro, die er eingenommen hat? Steuererleichterung heißt Frankreichs Verdauungshilfe. Mehr Spiele, mehr Tickets, höher die TV-Einnahmen.

Denkpause

Und sonst? Irgendwann in diesem Turnier war Österreich dabei. Also hat die Dauer des Turniers noch etwas Gutes, weil dem Ärger genügend Zeit gelassen wurde, um zu verfliegen. Haufenweise Denkpause ist ins enttäuschte Land gezogen, die dem ÖFB, den Spielern und dem Teamchef Gelegenheit geboten hat, sich demnächst sogar selbstkritisch zur Tour de France zu äußern.

Die einen werden froh sein, dass der Zauber vorbei ist, andere ins Loch fallen, wochenlang unter Entzugserscheinungen leiden. Diskussionen über die Europameisterschaft, über ihre Gewinner und Verlierer, bleiben frisch genug, um weitergeführt zu werden.

Sympathieträger

Die Gastfreundschaft der Franzosen wurde zu einer fixen Größe, traurig nur der Einsatz von Tränengas am Finaltag. Vorbildlich das Auftreten leidgeprüfter österreichischer Fans.

Vielleicht entflieht diese EM bald der Erinnerung. Weil sich die neuen fußballerischen Erkenntnisse nicht als ertragreich und zukunftsträchtig genug herausstellen. Besser: Weil der Terror nicht stattfand, der befürchtet worden war.

Also doch.

Es war eine gute EM.

bernhard.hanisch@kurier.at

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