Befreiungsschlag mit Eigentor

Bernhard Hanisch

Bernhard Hanisch

Keine Beweise für korrupte Machenschaften, die FIFA fühlt sich sauber - und entblößt sich.

von Bernhard Hanisch

über den Garcia-Report

Jetzt liegt er auf dem Tisch, mit freier Sicht für die Öffentlichkeit, dieser sagenumwobene Report des früheren, frustriert zurückgetretenen Chefermittlers Michael Garcia. Transparenz heißt das Zauberwort – als gläserne Institution wollte sich der Fußball-Weltverband FIFA präsentieren, eine, die nichts und niemandem Verstecke bietet. Gianni Infantino, Nachfolger des inzwischen vom Präsidentensockel gestoßenen Joseph Blatter, kann sich rühmen, tatsächlich jener Reformer zu sein, als der er per Eigendefinition angetreten ist.

Der Nebel bleibt, alleine durch das zunächst ominöse Auftauchen des Berichts in der Bild-Redaktion, das wenig später zur Schau getragene dringliche Anliegen, schon immer den 430 Seiten starken Report publik zu machen, um "die Verbreitung irreführender Informationen" zu verhindern.

Alles ergibt plötzlich Sinn. Infantino suggeriert damit die Richtigkeit seines Vorgehens, die unbequemen FIFA-Ethikchefs Hans-Joachim Eckert und Cornel Borbély vor ein paar Wochen abgelöst zu haben. Beide hätten den ehrbaren Akt der Veröffentlichung verhindern wollen.

Allerdings hat Eckert versichert, der Report sei lediglich ein Arbeitsdokument, das keine Beweise für die schwerwiegendste Anschuldigung, nämlich die "gezielten Einflussnahme auf das Wahlverhalten der FIFA-Funktionäre" bei der Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 in Russland und 2022 in Katar beinhalte.

Alles sauber

Gut für die FIFA, die sich reingewaschen glaubt von all den ungustiösen Unterstellungen, von verschmutzen Geldflüssen, die zwar noch vermutet werden, aber deren Richtungen – zumindest vor Ende sämtlicher staatlichen Untersuchungen – Spekulation bleiben. Doch das vermeintliche Triumphgefühl kann das kranke Sittenbild in obersten FIFA-Ebenen nicht verbergen, welches der Report praktisch als delikates Nebenprodukt an die Oberfläche spülte.

Abgehoben, mittlerweile völlig losgelöst von der einstigen Einfachheit des Spiels, funktioniert die profitable Vermarktungsmaschinerie. Von Reisen mit Privatjets oder Regierungsflugzeugen wird berichtet, von der Zahlung von zwei Millionen Dollar an die zehnjährige Tochter eines stimmberechtigten Mitglieds. Der Zweck heiligt immer noch die Mittel.

Also, man nehme die größte nur erdenkliche Blauäugigkeit, kanalisiere sie in den Glauben, es sei tastsächlich alles mit rechten Dingen zugegangen bei der Vergabe von Weltmeisterschaften.

Aber wie schwer muss dann der Anfall gewesen sein, der angebliche Liebhaber des Fußballs dazu veranlasst hat, eine WM in einer 50 Grad heißen Wüste stattfinden zu lassen?

Eine Frage, die für die Ewigkeit stehenbleibt – und die mit bestechlicher Sicherheit zu beantworten ist.

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