Kann Christian Stocker die ÖVP retten?

Kann Christian Stocker die ÖVP retten?
Die Entscheidung über die Nachfolge von Laura Sachslehner in der ÖVP-Zentrale ist gefallen. Warum Christian Stocker einen schwierigen Job haben wird.
Richard Grasl

Richard Grasl

Christian Stocker ist Politiker, und er ist gelernter Jurist. Der Anwalt weiß, wie man in der Öffentlichkeit auftritt. Und er ist hundertprozentig loyal zu Parteichef Karl Nehammer. Das sind wohl die Gründe, warum der Kanzler den bisherigen Wiener Neustädter Vizebürgermeister in die ÖVP-Parteizentrale holte. Seine Ausbildung als Jurist wird Stocker wohl brauchen. Die ÖVP steht weiterhin im Dauerfeuer der Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Auch wenn diese Woche wiederum zwei Verfahren ergebnislos eingestellt wurden, schwebt das Damoklesschwert weiterer Enthüllungen über der Volkspartei. Dem Vernehmen nach könnte der Oktober für die Schwarzen wieder besonders unangenehm werden. Stocker hat im Untersuchungsausschuss gezeigt, dass er in der Lage ist, Vorwürfen medial entgegenzutreten. Auf diesem Terrain ist er trittsicher.

Politisch elektrisiert sich das Spannungsfeld zwischen der ÖVP und den Grünen zusehends. Es gibt kaum noch einen Verhandlungspunkt, bei dem sich die beiden Koalitionspartner nicht gegenseitig ihren Dissens ausrichten. Da werden politische Tauschgeschäfte eingefordert, die an die Zeiten der großen SPÖ/ÖVP-Koalitionen erinnern. Ich gebe dir Wirtschaftshilfe für die Energiekosten, dafür will ich von dir ein Heizschwammerlverbot.

Die Grünen werden ob des schwachen Zustands der ÖVP dabei zunehmend selbstbewusster und lassen den fast dreimal so großen Koalitionspartner ÖVP bis zu dessen Weißglut auflaufen. Zuletzt machte Justizministerin Alma Zadic die Pläne für einen Bundesstaatsanwalt ohne vorherige Rücksprache mit der Kanzlerpartei öffentlich. Für die ÖVP wird es dabei immer schwieriger, bei ihrer Stammwählerschaft zu punkten. Stocker wird also hier eine kantige, pointierte Linie gegen den Koalitionspartner fahren müssen. Und wenn nach einer ÖVP-Niederlage bei der Tirol-Wahl oder gar in Niederösterreich der Geduldsfaden reißt, wird er als Generalsekretär bald seinen ersten Wahlkampf schlagen müssen.

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