Jeder macht einfach, was er will

Nach Ungarn und Polen brüskiert nun Italien die EU – auf die wachsende Krise hat Brüssel keine Antwort.
Ingrid Steiner-Gashi

Ingrid Steiner-Gashi

Erinnert sich noch jemand an Janis Varoufakis? Jenen streitbaren griechischen Finanzminister, der alle Schuld an allem finanziellem Übel, das Griechenland zu verdauen hatte, der EU in die Schuhe schob? Seine Rechnung ging nicht auf. Er ist heute eine politische Nullfigur, zahlen musste die griechische Bevölkerung trotzdem. Mit ähnlichen Verbalattacken, die Italiens Populisten geradezu zu genießen scheinen, arbeiten sich die Hardliner in Rom derzeit an ihrem Feindbild Brüssel ab. Das mag kurzfristig Stimmengewinne bringen. Langfristig aber werden die Probleme Italiens die alten und ungelöst bleiben: ein gigantomanischer Schuldenberg, strukturelle Probleme, eine zu geringe Produktivität.

Auf alle Mahnungen der EU, sich an die in der Eurozone vorgegebenen Regeln zu halten, reagierten die Populisten in Rom stets nach dem Motto: Jetzt erst recht! Für die Eurozone, aber auch für die ganze Europäische Union verheißt dies nichts Gutes. Noch ein Staat mehr, nach Ungarn und Polen, der sich anschickt, nach seinen eigenen, beliebigen Regeln zu agieren. Ausgerechnet ein Gründungsmitglied der EU verschärft nun die Krise, an der die Union schon seit geraumer Weile laboriert: Das Fundament der EU, das sich auf die Einhaltung gemeinsamer Werte und Regeln stützt, beginnt bedenklich zu wackeln. Die Antwort auf diese zerstörerischen Fliehkräfte hat man in der EU noch nicht gefunden. Ein paar Drohungen hier, Strafverfahren da – das alles mag schmerzen. Zur grundsätzlichen Einsicht, dass Europa nur funktionieren kann, wenn alle nach den gemeinsamen, obgleich oft mühsamen Regeln spielen, haben bisher weder Polen, Ungarn noch Italien zurückgefunden.

Kommentare