Gut, dass Raab dran bleibt

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Die Einrichtung einer Dokumentationsstelle zum politischen Islam sorgt für Kritik, ist aber eine grundvernünftige Entscheidung.
Rudolf Mitlöhner

Rudolf Mitlöhner

Die Proteste ließen wenig überraschend nicht lange auf sich warten. Mit der Präsentation der „Dokumentationsstelle Politischer Islam“ hat Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) einen Nerv getroffen. „Wie man vor Parallelgesellschaften warnt – und selbst solche schafft“, überschrieb eine Kolumnistin ihren Text. Das wäre weiter nicht der Rede wert, stünde es nicht exemplarisch für eine weitverbreitete Haltung gerade bei diesem Thema: Das Problem entsteht erst dadurch, dass man es benennt. Was im Umkehrschluss wohl heißt, dass eh alles in Ordnung ist, wenn man nicht so genau hinschaut. (Manche meinen ja auch, etwa Staatsschuldenexzesse sind völlig okay und werden erst durch austeritätsfixierte Spaßbremsen zum Problem, aber das ist eine andere Geschichte …)

Irritierend war auch die erste Reaktion  seitens der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ): Hier werde die „türkis-blaue Politik der Ausgrenzung“ fortgesetzt, so deren Präsident Ümit Vural; von einem „Generalverdacht“ gegenüber Muslimen sprach Tarafa Baghajati von der „Initiative Muslimischer ÖsterreicherInnen“. Mit Verlaub, das sind Totschlagargumente in der Debatte, ebenso wie der stets wiederkehrende Hinweis, den Islam gebe es nicht. Natürlich nicht, wie es auch das Christentum, den Buddhismus, den Sozialismus, Liberalismus etc. nicht gibt. Aber unsere Kommunikation kommt ohne abstrakte Begriffe nicht aus.

Die Kritiker – zu denen sich etwa auch die Wiener Grünen gesellten – monieren, dass doch im Regierungsprogramm von einer „Forschungs- und Dokumentationsstelle für Antisemitismus, für den religiös motivierten politischen Extremismus (politischer Islam) und für den Rassismus im 21. Jahrhundert“ die Rede war. Also für eh alles – und nichts. Das Beste aus zwei Welten eben.

Es gibt aber gute Gründe, beim Islam genau hinzusehen. Denn wir haben es in Österreich wie im Weltmaßstab eben nicht gleichermaßen mit dem Terror von christlichem, buddhistischem, hinduistischem Fundamentalismus zu tun wie mit islamistischem. Und es gibt auch ein systemimmanentes Problem, welches darin besteht, dass im Islam die Trennung von weltlicher und religiöser Sphäre, sehr freundlich formuliert, keineswegs selbstverständlich ist. Muslime wie – der von Raab als Experte beigezogene Mouhanad Khorchide – arbeiten in bewundernswerter Weise daran, den Nachweis zu bringen, dass diese Trennung dennoch möglich ist. Möge das Werk gelingen!

Man muss Ministerin Raab also Anerkennung zollen, dass sie in ganz unösterreichischer Weise seit ihrem Amtsantritt an diesem Thema dranbleibt. Nicht zuletzt geht es dabei auch um eine Frage der Selbstachtung und -vergewisserung – darum, ob Österreich, Europa bleibt, was es ist.

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