Grüner Pass zum Selberdrucken

Von der Regierung wurde er als Heilsbringer für die Zeit nach dem Lockdown beworben. Als App am Handy soll der Grüne Pass ein Türöffner für Veranstaltungen, Lokale und vor allem beim Reisen sein. Geworden ist es eine PDF-Datei. Es ist der nächste digitale Rohrkrepierer der Regierung.
Wir erinnern uns: Ursprünglich hätte der Grüne Pass, mit dem die Österreicherinnen und Österreicher ihren Impfnachweis einfach auf dem Handy speichern können, im April starten sollen. Dann wurde auf Juni verschoben. – Ok, es ging ja bei den Impfungen eh nicht so viel weiter. „Es wird den Grünen Pass als App geben“, kündigte Tourismusministerin Elisabeth Köstinger am 9. Mai nochmals in der Pressestunde an. Und in der Realität? Seit Sonntag kann man sich auf gesundheit.gv.at mit seiner Handysignatur anmelden und bekommt dann ein PDF. Das kann man sich herunterladen (und hoffen, dass man es am Handy in einem Download-Ordner bei Bedarf wieder findet) oder doch besser ausdrucken.
Es ist an der Zeit, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen: Österreich ist ein digitales Entwicklungsland. Denken wir an die Stopp-Corona-App. Mithilfe der App wollte man das Contact Tracing verbessern. Nach Datenschutzbedenken (die übrigens unbegründet waren) hat man das Projekt still und heimlich beerdigt. Mit dem Effekt, dass es bis heute kein funktionierendes Contact Tracing gibt, sobald die Zahlen etwas steigen.
Kaufhaus Österreich
Oder das Kaufhaus Österreich: Es wurde als Hilfe für die Händler im Lockdown vorgestellt, damit nicht so viel Geld an Amazon & Co abfließt. Geworden ist es ein umständliches Händler-Onlineverzeichnis – in dem man nichts kaufen konnte. Nach drei Monaten wurde die Seite umgebaut, jetzt gibt es dort Tipps, wie man einen Online-Shop erstellt. Ja, ernsthaft.
Doch nicht nur der Bund versagt: In Wien wird damit geworben, Bäder-Tickets online zu kaufen. Eine Bäderampel zeigt die Auslastung an. So weit die Theorie: Am Samstag wollten bei hohen Temperaturen viele Menschen (Überraschung) ins Bad. Die Bäderampel und der Online-Ticketkauf der Stadt Wien brachen zusammen.
Zurück zum Grünen Pass: Ein Webentwickler hat Sonntagabend in 5 Stunden das geschafft, wofür der Staat wohl 5 Monate und 500.000 Euro brauchen würde: Er hat ein kleines Programm geschrieben, mit dem der Grüne Pass in die Wallet am Handy integriert wird. Auf der Website des Ministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort wird der Grüne Pass konsequenterweise mit keinem Wort erwähnt. Als zuständige Ministerin hätte Margarete Schramböck den Grünen Pass ja dafür nutzen können, die Arbeit ihres Ministeriums zu präsentieren. So aber fragen sich die Österreicher langsam, wofür sie überhaupt eine Digitalisierungsministerin brauchen.
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