Wer soll das bezahlen?

Wer soll das bezahlen?
Warum Mieten oft klüger ist als der Immobilienkauf

Der Haus- und Wohnungskauf in Österreich boomt weiterhin – und das trotz rasantem Preisanstieg. Selbst der zu Beginn der Corona-Krise befürchtete und von vielen erwartete Preisdämpfer blieb aus. Seit dem Ende der Finanzkrise 2009 haben sich die Preise fast verdoppelt. Vor einem Immobilieninvestment oder

-kauf sind die Österreicherinnen und Österreicher in den vergangenen Monaten dennoch nicht zurückgeschreckt.

Mit den neuen strikteren Regeln für Beleihung und Kreditvergabe müsste man allerdings tiefer in die Tasche greifen. Viele Immobiliensuchende stehen nun vor der Frage, ob sie überhaupt einen Kredit aufnehmen sollen und wollen.

Ich rate deshalb bereits seit geraumer Zeit in vielen Fällen zu mieten. Vor allem in drei Fällen eignet sich Mieten ideal: Erstens, wenn im Vorfeld lokale oder räumliche Veränderung in den Folgejahren absehbar sind, zum Beispiel Jobwechsel oder Kinderwunsch.

Zweitens, wenn die Wohnkosten 50 Prozent des Einkommens übersteigen oder drittens, wenn sich der Verkauf der bestehenden Immobilie im Verhältnis zu den Anschaffungskosten – trotz Annahme eines gesunden Wertwachstums und einer nur marginal veränderten Zinslandschaft – nicht rechnet. Dieser „Gap“ zwischen Immobilienerwerb plus Nebenkosten plus laufende Kosten und Wertwachstum wird in vielen Lagen immer größer – trotz der aktuellen, sehr günstigen Zinslandschaft. Wird die erworbene Immobilie nicht mindestens zehn Jahre selbst genützt, ist die Miete als Überbrückung in den meisten Fällen rein rechnerisch sinnvoller.

Immer mehr Personen mieten zur Eigennutzung und investieren als langfristige Anlage in Mikrowohnungen (30 bis 45 Quadratmeter) in Lagen mit guter Infrastruktur oder im Wissen, dass eine solche in naher Zukunft entsteht. Doch Mieten bietet noch weitere Anreize für Immobiliensuchende: Mehr Flexibilität und besser kalkulierbare Wohnkosten, da nicht planbare Erhaltungskosten sowie variable Finanzierungskosten entfallen. Wer dennoch kaufen möchte, der kommt mit zwei Optionen am besten davon: Bei Eigentum in der Stadt lautet die Devise „Downsizing“. Die Nachfrage nach kleinen Mietwohnungen wird auch durch den Trend des Doppelwohnsitzes mit Homeoffice verstärkt. Der kleinere Wohnraum muss dabei keine Verschlechterung der Wohnqualität bedeuten. Es geht vielmehr um intelligente, kompakte Wohnkonzepte auf kleiner Fläche zu bezahlbaren Preisen. Daneben ist Eigentum am Land die zweite Möglichkeit für all jene, die eine Immobilie kaufen möchten. Im ländlichen Raum sind Häuser und Wohnungen weiterhin günstiger als vergleichbare Objekte in der Stadt. Familienleben im Eigentumshaus am Land und die kleine Mietwohnung in der Stadt für die Bürotage ist für manche die Antwort auf die aktuelle Immo-Situation.

Bernd Gabel-Hlawa ist Geschäftsführer von FindMyHome.at

Kommentare