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Die Weltklimakonferenz startet morgen. Was auf dem Spiel steht

Die diesjährige Klimakonferenz beginnt unter neuen Rahmenbedingungen. Die COP-27 wird weniger Aufmerksamkeit bekommen als frühere, der Krieg in der Ukraine, die hohe Inflation, unsichere Wirtschaftsaussichten sind interessanter. Und die Konferenz ist in Ägypten, einem Land mit internen Konflikten. Auch die US-Kongresswahlen finden während der Konferenz statt.

Aber das Klimathema wäre wichtiger. Wir haben ein heißes Jahr erlebt, mit Stürmen, Unwettern, Überschwemmungen. Die Gletscher schmelzen, frühe Skirennen müssen abgesagt werden. Afrika ist kein Verursacher, aber ein Hauptbetroffener des Klimawandels: Wüstenbildung machen das Leben für immer mehr Menschen immer schwerer. Sie müssen auswandern. Die Verursacher haben schon lange Geld versprochen, aber dann nur die eigene Landwirtschaft gefördert. Regierungen haben gewechselt, aber alle Länder haben wieder zu wenig getan, um die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken. Das wird bei der hohen Inflation nicht leichter. Man hat den Eindruck, Greenwashing gehe schneller als Umdenken. Viele Firmen haben ohnehin versprochen bis 2040 „neutral“ zu werden.

Wer soll vorangehen? Jedes Land bis an die Grenze der Möglichkeiten, aber auch jeder Sektor. Haushalte, Industrie, Verkehr, Gesetzgeber. Da hilft es nichts, wenn China neben exzellenten Batterien immer mehr Kohle einsetzt, wenn Frankreich darum kämpft, Atomkraft als grün zu kategorisieren. Oder die EU den Neukauf von Verbrennungsmotoren ab 2035 verbietet, aber alte Diesel oder Benziner weiter benützen lässt. Und das soll dann 2026 überprüft werden, damit jedes Jahr eine kleine Ausnahme hinzufügt werden kann. So werden Städte bis 2050 nicht klimaneutral sein – auch wenn es Begegnungszonen gibt.

Die Klimakonferenz muss einen Status erstellen. Jedes Land, jede Bürgerin und jeder Bürger soll überlegen, was sie oder er machen kann, und jetzt beginnen. Das zu diskutieren und die Fäden enger zu ziehen und Teilerfolge zu melden, macht die Konferenz sinnvoll, auch wenn der Krieg in der Ukraine gerade mehr schmerzt oder die Inflation die Einkommen reduziert.

Der Totalschaden – eine Welt mit 3 Grad Erwärmung – kann noch verhindert werden. Aber nur, wenn Klima, Armut, Gesundheit gemeinsam gesehen werden. Und nicht nochmals ein bisschen Atom, ein wenig Kohle, mehr SUVs genutzt werden. Sondern nur, wenn Energiesparen und Dekarbonisierung ohne Wenn und Aber das Ergebnis von Scharm el-Scheich sind. Österreich ist auch bei Weitem nicht auf Kurs. Es sollte aber ehrgeiziger sein, und sich damit reicher machen und alle anderen auch. Ski fahren kann man nicht mehr ohne Kunstschnee. Wenn die Gemeinde einen Skilift kauft, wird es auch nicht besser.

Karl Aiginger ist ehemaliger WIFO-Chef und leitet die Europaplattform Wien-Brüssel

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