Runter vom Gas!

Runter vom Gas!
Warum wir jetzt dringend niedrigere Tempolimits brauchen

Die meisten Menschen benötigen nicht die furchtbaren Bilder der verheerenden Brände in Südeuropa, um die Problematiken, welche die Klimakrise mit sich bringt, zu verstehen. Die Notwendigkeit von raschen und effektiven Maßnahmen ist der Bevölkerung bewusst. Die entscheidende Frage scheint derzeit nur zu sein, wo fangen wir an, welche Maßnahmen sind die richtigen, und wie kommen wir letztlich global zu Effekten. Durch den russischen Krieg in der Ukraine sind wir zusätzlich mit einer den meisten bisher unbekannten Problematik einer enormen Energieabhängigkeit von Russland konfrontiert. Diese wirkt sich heute schon und im Herbst noch drastischer auch auf die europäischen Energiesituation aus. Hier sind Lösungen für eine Einsparung der Treibhausgase bei gleichzeitigen Energieeinsparungen gefragt.

Die meisten diskutierten Maßnahmen wie Dämmungsmaßnahmen, Heizungsumstellungen, alternative Energieformen usw., können aus heutiger Sicht nur mittel- bis langfristig durchgeführt werden. Wenn es eine Maßnahme gibt, die sowohl den Ausstoß von Treibhausgasen als auch den hohen Energieverbrauch flächendeckend rasch einsparen lässt, ist es erstaunlich, dass die verantwortlichen PolitikerInnen derzeit noch zögern, diese relativ einfach und günstig umsetzbare, gut erklärbare, und auch sozial gerechte Maßnahme rasch umzusetzen.

Ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Landstraßen zeigt nach allen wissenschaftlichen Berechnungen deutliche positive und durchaus relevante Effekte auf die Treibhausemissionen. Zusätzlich wird durch den signifikant verminderten Kraftstoffverbrauch bei diesen Tempolimits die europäische Abhängigkeit von russischen Energielieferungen gesenkt, ein erklärtes europäisches Ziel angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine. Die traditionell kultivierte „Freiheit auf der Straße“ ist ein Konzept und Wahlmotiv der 70er- und 80er-Jahre. Die aktuelle Situation erfordert die Umsetzung vieler Maßnahmen, wenn wir eine realistische Chance wahren wollen, den nächsten Generationen einen halbwegs lebenswerten Lebensraum Erde zu hinterlassen. Das Umsetzen mittel- und langfristiger Maßnahmen wird mit Hochdruck vorangetrieben werden müssen, rasche Sofortmaßnahmen jedoch zeitnah beschlossen. Wenn es den verantwortlichen PolitikerInnen derzeit schwer zu fallen scheint, ein solches Tempolimit sofort zu beschließen, ohne in ihrer Popularität zu leiden, können sie ja durch den Zusatz „temporäres“ Tempolimit versuchen, diese Notwendigkeit abgemildert zu kommunizieren. Die Wahrheit ist der Bevölkerung jedoch zumutbar, und es gibt keinen Weg daran vorbei. Wir müssen jede mögliche Maßnahme, und damit die Einführung von Tempolimits, ergreifen, und zwar sofort.

Klaus Atzwanger ist Verhaltenswissenschafter und Unternehmensberater.

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