Zur Wirtschaftslage: Optimismus statt "Verzwergung"

Gipfel zur schwächelnden Wirtschaft: Georg Knill (IV), Kanzler Karl Nehammer, Harald Mahrer (WKO)
Österreich sollte seine Rolle in der Welt nicht unterschätzen, Ein Gastkommentar von Karl Aiginger.

Die Welt verändert sich rasch, die USA verliert ihre Führungsrolle, China kann sie wegen Egoismus und Alterung nicht einnehmen, Europa hat Chancen, aber blickt zu oft nach innen, Frankreich zittert vor Rechts- und Linksradikalen, Deutschland vor AfD und ideenlosen Konservativen. Ungarn ist mehr als illiberal und keine Demokratie. Eine neue Fraktion im EU-Parlament will weniger bis gar keine gemeinsame Europapolitik und leugnet den Klimawandel.

Karl Aiginger

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Österreich beklagt in dieser Situation, dass sein Wachstum gering sei, und wir als kleines Land nichts tun können, begrenzt durch unsere Größe, stärkere Nachbarn, Budgetdefizite durch vergangene Ausgaben, viele davon für konservative Agrarpolitik und fossile Energie. Aber Österreich ist heute eines der reichsten Länder Europas. Nach neuestem Ranking des Economist liegt es auf Platz 4 in EU, jedenfalls vor Deutschland. Noch weiter vorne wäre Österreich, wenn man Klimapolitik, soziale Gleichheit und Gesundheit mitberücksichtigt; also Nachhaltigkeit prüft, statt materiellen Wohlstand gemessen am Bruttoinlandsprodukt. Wir haben eine hohe Forschungsquote, gute Fachausbildung, und eine wachsende Bevölkerung, eine nie definierte Migrationspolitik hat uns dabei geholfen, dass die Bevölkerung steigt und weniger altert. Wenn auch nicht alle Migranten rasch integriert werden oder arbeiten bzw. Firmen gründen dürfen.

Wir dürfen uns nicht über Zölle auf billige chinesische Elektroautos freuen, auch wenn sie niedriger sind als die amerikanischen. Aber Österreich liegt heute genau in der Mitte Europas und hat gute Beziehungen zu den Ländern des Westbalkan. Die Neutralität ist relativ gut abgesichert – mit vorsichtigen Schritten zu einer gemeinsamen Verteidigung, und (zu geringem) Beitrag zum Frieden in der Ukraine und in Gaza.

Wir sind in der Klimapolitik fortschrittlich, dank Regierungsbeteiligung der Grünen. Natürlich sollten unsere Städte noch kühler werden. Nahrungsmittel sollten biologischer werden, Zuckerzusatz meldepflichtig, Düngemittel könnten weniger eingesetzt werden. Und Österreich könnte als neutrales Land besser mit Afrika zusammenarbeiten. Beispiele für Solarenergie und Informationstechnologie anbieten und gleichzeitig von Afrika lernen, wie man ohne LKW und PKW kommunizieren kann: Gesundheitstests, Wissen könnte auch digital vermittelt werden.

Österreich sollte nicht klagen, dass wir an Wettbewerbsfähigkeit verlieren, etwa in einem Gespräch des Kanzlers mit den Spitzen der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung, sondern Ideen entwickeln, wie man Klimawandel bekämpft und Digitalisierung fördert. Wie sollten Probleme nicht der EU zuschieben und populistisch sein, sondern unsere Erfolge weiterführen, nicht uns selbst „verzwergen“, sondern selbstbewusst und optimistisch sein.

Karl Aiginger ist Wirtschaftsforscher an der WU, leitet die Europaplattform Wien Brüssel.

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