Österreich braucht Immigration

Orte wie der Brunnenmarkt gelten manchen als Positiv-, anderen als Negativbeispiel
Mit Offenheit können wir den Wohlstand erhalten. Ein Gastkommentar von Karl Aiginger.

Der Wohlstand in Österreich wächst, aber in den letzten Jahren nicht so schnell wie früher. Ein kurzer Rückblick:

Österreich hatte lange eine sinkende Bevölkerung. jetzt steigt sie wieder in Richtung 10 Millionen. Der Anstieg ist die Folge einer Migrationspolitik, die nie jemand beschlossen hat und wogegen die nun stärkste Partei, die FPÖ, polemisiert hat, die anderen Parteien schweigen dazu. Zuerst kamen Sudetendeutsche, Ungarnflüchtlinge, dann haben wir Gastarbeiter aus Ex-Jugoslawien angeworben, dann Türken. Wenn wir sie nicht integrieren, haben ihre Kinder es in den Schulen schwer; sie sprechen mit 10 Jahren noch nicht gut Deutsch, spielen in den Parks nur mit „Landsleuten“, lernen über die Welt nur in Sozialen Medien.

Österreich braucht Immigration

Karl Aiginger

Die Zuwanderung hat extrem geholfen, am Bau, in den Spitälern, in der Pflege, in der Gastwirtschaft. Die Diversität hat Vorteile, wie wir es von internationalen Firmen kennen. Österreich heute ein höheres Pro-Kopf-Einkommen als Deutschland. Heute gibt es weniger neue Flüchtlinge, dafür mehr Arbeitsmigranten aus der EU, die wir unbedingt brauchen. Die meisten Zuwanderer kommen aus Deutschland. Aber wenn sie aus Syrien oder Afghanistan kommen, sehen wir es deutlicher. Und Populisten gewinnen europaweit bei Wahlen.

Was tun? Erstens zugeben, dass wir Immigration brauchen. Wenn unsere Bevölkerung sinkt, verlieren wir an Wohlstand. Die Arbeit, die wir brauchen, kann nicht geleistet werden, Investitionen, größere Wohnungen, Gesundheit und Pflege sind nicht mehr möglich, neue Technologien brauchen Menschen.

Zweitens dürfen wir Zuwanderer nicht nur als Helfer nutzen, sondern sie weiterbilden. Die meisten sind aus dem unteren Mittelstand; mit jeder Arbeit bei uns sollte Weiterbildung möglich sein, zum Nutzen aller.

Drittens müssen Immigranten angemessen wohnen, nicht zusammengepfercht, nicht in Bezirksteilen, wo sie unter sich sind. Ihre Kinder müssen in die Kindergärten, und gratis Nachhilfestunden bekommen. Eventuell könnten einsame ältere Menschen, die in einem großen Haus leben, eine Zuwandererfamilie aufnehmen. Diese hilft in Haus und Garten, die Senioren wiederum lesen z.B. den Kindern vor.

Viertens sollten Immigranten von gestern stärker in Schulen, Kindergärten, Kultur eingebunden werden. Sie verstehen die Probleme von Zuwanderern besser. Ihre Qualifikationen aus der Heimat sind breiter als unsere, und das ist oft ein Vorteil.

Integration ist nicht leicht, für beide Seiten. Sie ist aber notwendig, Österreich hat von Zuwanderung stark profitiert. Jetzt können wir durch Integration helfen, ob bei Zuwanderern aus Rumänien oder Afghanistan, ob durch Kriege bedingt oder durch den Wunsch nach besserem Leben. Ohne Zuwanderung wird es so schlecht, wie Pessimisten es immer vorausgesagt haben. Mit Offenheit können wir unsere Wohlfahrt verbessern.

Karl Aiginger, früherer WIFO-Chef, leitet die Europaplattform Wien Brüssel.

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