Mobilität kann teuer sein

Mobilität kann teuer sein
Was hinter der Preisexplosion bei Mietwagen steckt

Wer gerade versucht, ein Mietauto für seinen Urlaub zu buchen, könnte Augentropfen benötigen. Die aufgerufenen Preise verursachen ein Augenbrennen, gegen das weder Packungsbeilage, noch Arzt oder Apotheker ankommen. Noch im letzten Jahr waren Kleinwagen um rund 200 Euro für zwei Wochen verfügbar. Heuer sind die Preise weltweit im Schnitt gut 50 Prozent teurer – in den USA sogar bis zu 70 Prozent. Es gibt starke regionale Unterschiede, aber im ganzen Mittelmeerraum ist der Preisanstieg empfindlich. Auf den Balearen kann man aktuell mit 1.500 bis 2.000 Euro für zwei Wochen rechnen. Besonders in Palma de Mallorca, Malaga oder Cancun sollten Sie jetzt eher kein Auto anmieten.

Warum? Es mangelt massiv an verfügbaren Mietwagen. Erst Lockdowns und keine Kunden, dann Kundenansturm. Gleichzeitig fehlt es an Rechenchips für die immer stärker computerisierten Autos. Zudem sind bei Kabelbäumen, die vor allem in der Ukraine produziert werden, die Lieferketten gestört. Mit diesen Argumenten begründen es die Vermieter, was aber nicht die ganze Wahrheit ist.

Denn der hauptsächliche Grund für die Knappheit ist das wackelige Geschäftsmodell der Autovermieter. Im Frühjahr vor der Hauptreisesaison kaufen sie Neuwagen im großen Stil, 40 Prozent unter dem Listenpreis. Ein willkommener Frühjahrs-Boost für die Zulassungszahlen der Hersteller. Am Ende der Saison verscherbeln die Vermieter diese Wägen irgendwo in Europa. Da kann man schon mal einen

10-Euro-Tagespreis anbieten, verdient man doch mit dem Upgrade des Versicherungsschutzes und mit Zusatzleistungen weit mehr.

Familienväter wissen: Zwei Kindersitze kosten oft mehr als die Tagesmiete für das Auto. Sobald ein bestimmter Anteil an Autos gebucht ist, schließt das Buchungssystem der Vermieter die günstigeren Preisgruppen und bietet die nächsthöhere Rate an.

Dazu kommt: Hersteller stecken bei endlichen Ressourcen ihre Chips lieber in Luxusfahrzeuge als in Kleinwagen. Damit verdient man einfach mehr. Durch die Pandemie kollabierte das Geschäftsmodell endgültig. Als die Touristen ausblieben, verkauften die Vermieter – verglichen zu 2019 – bis zu zwei Drittel ihres Fuhrparks. Laut einer Studie der Ratingagentur Fitch verkaufte etwa Hertz 2021 rund zwei Drittel seiner einst 473.000 Autos. Nur bekamen sie dieses Frühjahr keine neuen Fahrzeuge mehr, da die Hersteller ihre knapp gewordenen Wägen lieber an andere Kunden ohne 40 Prozent Rabatt abgaben. Der Präsident des Balearischen Mietwagenverbandes Aevab spricht aktuell von 40.000 Autos, über die seine Mitglieder derzeit auf Mallorca verfügen. Vor der Pandemie waren es durchschnittlich 100.000 Stück. Nicht überall explodieren die Mietwagenpreise: In Ländern wie Dänemark oder der Türkei kosten sie sogar weniger.

Farhad Shikhaliyev ist Country Manager Österreich von Bolt.

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