Lebensmittelpreise: Der Vergleich mit Deutschland hinkt

Rainer Trefelik ist Obmann der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer (WKÖ)
Bei der Diskussion um hohe Lebensmittelpreise werden Äpfel mit Birnen verglichen.

Die aktuellen Preissteigerungen sind für den heimischen Handel alles andere als erfreulich. Gerade im Lebensmittelhandel ist es das Ziel, dass die Güter des täglichen Bedarfs leistbar bleiben. Er hat über viele Jahre inflationsdämpfend gewirkt und daher lange Zeit die gestiegenen Energiekosten nur in sehr geringem Ausmaß weitergegeben. Dass dies bei Margen, die durchschnittlich nur ein bis zwei Prozent betragen, aber auf Dauer nicht möglich ist, liegt auf der Hand. Umso bedauerlicher ist es, dass manche den heimischen Lebensmittelhandel nun als Inflationstreiber hinstellen und dabei gerne auf den Vergleich mit Deutschland verweisen. Dazu sieben Fakten:

  1. Preisvergleiche ziehen stets nur die regulären Preise heran und lassen außer Acht, dass in Österreich mehr als 30 Prozent der Lebensmittel reduziert verkauft werden, in Deutschland hingegen Rabattaktionen weniger üblich sind. Dort reicht der Aktionsanteil nicht einmal an die 20-Prozent-Marke heran.
  2. Dazu kommt, dass internationale Hersteller ihre Waren in Österreich oft teurer anbieten. Grund dafür sind die im Vergleich zu Deutschland geringeren Bestellmengen aufgrund des deutlich kleineren Marktes.
  3. Der heimische Handel hat eine im internationalen Vergleich sehr hohe Filialdichte. Auch dies plus die Transportkosten zur Belieferung der Geschäfte hat Auswirkungen auf die Preise. 
  4. Nirgendwo sonst in Europa sind Bio-Produkte so beliebt wie in Österreich. Eine biologische Produktion kommt allerdings teurer. Generell hat Österreich im internationalen Vergleich sehr hohe und streng kontrollierte Qualitätsstandards bei Lebensmitteln.
  5. Die Umsatzsteuer beträgt in Österreich 20 bzw. zehn Prozent, in Deutschland 19 und sieben. Für viele Lebensmittel gilt der reduzierte Steuersatz, was einen Preisunterschied von drei Prozentpunkten ausmacht.
  6. In Österreich stiegen die KV-Löhne und -Gehälter zuletzt besonders stark. Dazu kommt, dass der österreichische Einzelhandel seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr oft über dem Kollektivvertrag entlohnt. Auch die Lohnnebenkosten sind hierzulande um rund 9 Prozent höher als beim Nachbarn.
  7. In Österreich sind die Lebensmittelpreise im März im Vergleich zum Vorjahr um 14,6 Prozent gestiegen. Das klingt viel, ist es bei näherem Hinsehen aber nicht: EU-weit kosteten Nahrungsmittel im um fast 20 Prozent mehr.

Diese Fakten zeigen, dass der Vergleich mit Deutschland hinkt und sich heimische Lebensmittelhändler keineswegs ein Körberlgeld verdienen. Vielmehr versuchen sie, die gestiegenen Energiekosten in ihren Kalkulationen unterzubringen. Vor allem für die rund 2.000 kleinen selbstständigen Lebensmittelkaufleute ist dies bereits nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. Entsprechend wichtig wäre es, dass die im Dezember angekündigten Energiekostenhilfen endlich umgesetzt werden.

Auch das ist ein Faktum, das beim vom Bundesminister Rauch für Montag, 8. Mai, anberaumten Lebensmittelgipfel hoffentlich berücksichtigt wird

Rainer Trefelik ist Obmann der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer (WKÖ)

Kommentare