Kritik an ORF-Gagen ist legitim, nicht aber ungebremstes Bashing

Kritik an ORF-Gagen ist legitim, nicht aber ungebremstes Bashing
Der ORF ist einem pauschalen Hinhauen ausgesetzt – nun auch von innen. Ein Gastkommentar von Udo Bachmair.

ORF-Bashing war schon früher beliebt, jetzt feiert es angesichts neuer Entwicklungen fröhliche Urständ’. Für konstruktive Kritik am ORF hingegen liegen durchaus Gründe vor. Nicht jedoch für dessen Zerschlagung, die sich manche vor allem aus dem FPÖ-Dunstkreis wünschen.

Freilich ist die Optik der veröffentlichten Spitzeneinkommen einer Minderheit im ORF denkbar schlecht. Viele fühlen sich zu Recht provoziert, wenngleich sich die hohen ORF-Gagen verglichen mit Managergehältern in der Privatwirtschaft im Rahmen des Üblichen bewegen, auch wenn einem darob übel werden könnte.

Kritik an ORF-Gagen ist legitim, nicht aber ungebremstes Bashing

Udo Bachmair

Extreme Einkommensunterschiede sorgen auch innerhalb des ORF selbst für Unmut. So besteht etwa zwischen teils kärglich verdienenden freien MitarbeiterInnen und Höchstverdienenden, deren Einkommen oft nicht ihrer Leistung entsprechen, ein eklatantes Missverhältnis. Neben der Empörung über die Spitzengagen steht der ORF nach auch in Bezug auf die (schlecht kommunizierte) Haushaltsabgabe im Visier der Kritik. Der auch medial aufgeheizte Unmut richtet sich dabei paradoxerweise gegen eine Abgabe, die im Vergleich zur früheren GIS-Gebühr niedriger ausfällt.

Darüber hinaus findet sich der ORF seit jeher – nicht ganz zu Unrecht – wegen des Vorwurfs parteipolitisch motivierter Postenbesetzungen in den Schlagzeilen. Besonders nervend nicht zuletzt für unabhängige ORF-JournalistInnen waren und sind traditionelle Einflussversuche von außen Besonders hervorgetan hat sich bereits vor 20 Jahren der damalige FPÖ Politiker Peter Westenthaler. Er sitzt seit Kurzem abermals im höchsten ORF-Gremium. Von ihm wird ORF-intern neuerliche „Interventionitis“ befürchtet. Aber auch dieses Mal werden sich ORF-RedakteurInnen bei ihrer insgesamt guten Arbeit nicht stören lassen.

Westenthaler gefällt sich weiter darin, ungebremst in Talkshows – teilweise als Dauergast – Attacken gegen den ORF und dessen MitarbeiterInnen zu reiten. Das ORF-Bashing von außen wird damit gleichsam durch eines von innen ergänzt. So ist der ORF für Westenthaler generalisierend eine „Propagandamaschinerie“. Dem „ZiB 2“-Anchor Armin Wolf unterstellt er „politische Agitation“. Vorwürfe, die nach meiner persönlichen Erfahrung haltlos sind. Als ORF-Redakteur und Ö1-Journal-Moderator hatte ich in der Zeit der ersten ÖVP/FPÖ-Regierung selbst einschlägige Erfahrung mit Anrufen Westenthalers bis hinein ins Studio . Es ist fraglich, ob jemand als Aufsichtsratsmitglied eines Unternehmens, das er in aller Öffentlichkeit angreift, tatsächlich geeignet ist. Einem Stiftungsratsmitglied stünde es jedenfalls gut an, die Interessen des ORF zu vertreten und nicht die einer Partei.

Kritik am ORF ist legitim, gerade auch, wenn er manchmal Objektivitätsgebote in der Berichterstattung verletzt. Verallgemeinerndes Hinhauen auf den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk, dem eine demokratiepolitisch wichtige Rolle zukommt, entbehrt aber jeder Grundlage und Sachlichkeit.

Udo Bachmair moderierte als ORF-Redakteur bis 2011 Ö1-Journale und „kreuz & quer“, ist Präsident der Vereinigung für Medienkultur

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