Kolonialmachtsträume unseres Innenministers

Ioan Holender Gastkommentar
Mit dem Schengen-Veto gegen Rumänien und Bulgarien bewegt sich Österreich weiter ins außenpolitische Abseits. Ein Gastkommentar von Ioan Holender.

Trotz der Tatsache, dass Rumänien und Bulgarien nachweislich alle vorgeschriebenen Kriterien dafür erfüllt haben, verhindert Österreich bereits seit einem Jahr im Alleingang mit seinem Vetorecht – gegen den Willen der anderen 26 Mitgliedstaaten der Europäischen Union –, dass Rumänien und Bulgarien dem Schengenraum beitreten können.

Großer Schaden

Das bedeutet für diese beiden Länder einen großen wirtschaftlichen Verlust. An der Grenze stehen die LKW sechs bis acht Stunden wegen der Kontrollen. Das verursacht hohe Kosten und verhindert manche Lieferung wegen der mangelnden Haltbarkeit der

zu transportierenden Waren. Manche Unternehmen haben aufgrund der Verteuerung durch die Transportverzögerung die wirtschaftliche Zusammenarbeit, die auf terrestrische Weise erfolgt, zum großen Schaden Rumäniens eingestellt.

Air Schengen

Derzeit überlegt der allmächtige Herr Innenminister Gerhard Karner die Zulassung einer Art von ihm erfundenen „Air-Schengen“, in dem keine Kontrollen für Flugreisende beim Abflug und bei der Ankunft mehr stattfinden sollen. Die Dringlichkeit hält sich in Grenzen, weil es dort sowieso kaum zu Schlangenbildung kommt.

Kein Vertrauen

Für die Aufhebung der Flughafenkontrollen verkündet Herr Karner ein imperatives Drei-Punkte-Programm als Bedingung. Im Punkt zwei verlangt der Innenminister die Entsendung und den Einsatz von Dokumentenberatern aus Österreich an den Flughäfen in Bukarest und Sofia, denn in die rumänischen und bulgarischen Mitarbeiter hat er wohl kein Vertrauen. Diese sind wohl in den Augen des Herrn Karner allesamt mindere, unfähige und nicht vertrauenswürdige Personen.

Höhepunkt ist der dritte Punkt der Bedingungen, in dem er die Übernahme von derzeit in Österreich befindlichen Asylwerbern – insbesondere von Afghanen und Syrern – durch Rumänien und Bulgarien verlangt. Der Innenminister agiert, als ob Österreich eine Kolonialmacht wäre und – wie seinerzeit im Habsburgerreich – die Hoheit über diese Länder „da unten“ innehätte.

Außenpolitisches Nichts

Österreich schafft es bekanntlich nicht, genügend Maßnahmen zu etablieren, um die illegale Einreise von Migranten einzuschränken. Dann schickt man diese halt nach Rumänien oder Bulgarien, denn diese Länder wollen ja von uns etwas für sie wirtschaftlich eminent Wichtiges.

Österreich ist in der europäischen Landschaft, seit Kreiskys diskutablen Versuchen, außenpolitisch inexistent. Lediglich die Causa Waldheim erregte seinerzeit Aufmerksamkeit. Man darf sich nicht wundern, wenn mit solch einem autokratischen Agieren eines Regierungsmitgliedes Österreichs Bedeutung in der Welt weiter schwindet und darüber hinaus Wasser auf die Mühlen der Kickl-FPÖ geschaufelt wird.

Kanzler lächelt

Der Herr Bundeskanzler schaut seinem Innenminister dabei schweigsam zu und nickt freundlich lächelnd.

 

Ioan Holender war von 1992 bis 2010 Direktor der Wiener Staatsoper und gestaltet eine Kultursendung auf ServusTV


 

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