Industriepolitik: Seien wir „Happy Austrians“

Durch Recycling kommt weniger neues Plastik in den Warenkreislauf
Warum wir eine neue Industriepolitik brauchen. Ein Gastkommentar von Karl Aiginger.

Ist Industriepolitik von gestern? Heute wollen wir Klimapolitik. Und Schutz vor Importen aus China. Die Grünen sind gegen neue Straßen. Konservative argumentieren, dass wir doch ein Autoland sind. Also dürfen wird nicht aufs Ende der Benziner und Diesel setzen, wir sollen „technologieoffen sein“, und SUV müssen in der Innenstadt fahren und parken dürfen. Industriepolitik wollen nur die „Linken“. Sie wollen „gute Branchen“ oder Unternehmen wieder verstaatlichen.

Alte Europapolitik wollte nur gute Rahmenbedingungen, keine Sektoren, die zu unterstützen sind. China will wieder zur Wirtschaftsmacht Nummer 1 werden, wie vor zweihundert Jahren. Die USA haben alle Länder mit dem Konzept der freien Wirtschaft beglückt und allen Waffen geliefert. „Washington Konsensus“ hieß das. Ausnahme: wenn China exportiert, schließt Amerika seine Grenzen. Und wird größter Ölexporteur. Frankreich plant neue AKW. Aber die Welt hat sich geändert. Die Klimaerwärmung ist nicht zu leugnen, Gletscher schmelzen, Extremwetter zeigt sich überall. Das ist auch unsozial: die Ärmeren leiden stärker, weil sie keine kühle Zweitwohnung haben.

Industriepolitik: Seien wir „Happy Austrians“

Karl Aiginger

Eine neue Industriepolitik muss von aktuellen Zielen ausgehen. Diese sind stärker vernetzt. Wir brauchen Arbeitsplätze, solche in der Industrie sind besser bezahlt. Wir brauchen höhere Energieeffizienz. Wir können Häuser, Supermärkte durch Überdachung mit Photovoltaik ausstatten. Und die Industrie hat mehr Energie gespart als andere Sektoren. Innovationen sind der Motor des Erfolgs. Aber wir brauchen keine neutrale Innovationspolitik, sondern eine gesteuerte für geringen Energieverbrauch, bessere Bodennutzung. Industrie und Klima dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden, sie benötigen gemeinsame Lösungen.

Wenn Preise die Knappheit wiedergeben und die zukünftige Wohlfahrt stützen, dann kann auch die Ausgaben- oder Steuerquote niedriger bleiben. Aber da müssen wir uns auch von alten Subventionen trennen. Sei es für fossile Energie oder herkömmliche Landwirtschaft. Und für jede neue Regelung sollten zwei alte gestrichen werden. Da kann Europa führend werden. In den USA ist die Verschuldung heute höher als in Europa, die Umweltzerstörung schreitet fort, die Lebenserwartung sinkt. Neue Technologien, wie Künstliche Intelligenz, können viel verbessern. Und für Afrika umso mehr, das noch keine starke Industrie hat, aber eine Bevölkerung, die jung ist und sich verdreifacht. In China sinkt sie bereits, in Japan schon länger. Bei uns steigt sie trotz fehlender Integrationspolitik. Neue Industriepolitik muss die wichtigsten Ziele kombinieren, Bildung und Innovation sind der Kern, gesteuert von unseren Wünschen für ein besseres Leben. Nutzen wir diese Chancen. Als Europäer, aber auch als „Happy Austrians“ – wie uns der Economist kürzlich bezeichnet hat.

Karl Aiginger, früherer WIFO-Chef, leitet die Europaplattform Wien – Brüssel.

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