"Wer nicht redet, wird nicht gehört“ (Helmut Schmidt, 1918–2015). Der Satz des SPD-Kanzlers hätte allen Politikern dieses Landes und vor der Wahl am 29. 9. 2024 ins Stammbuch geschrieben gehört. Doch sie reden lieber übereinander statt miteinander und erachten es nicht einmal für Wert, sich ans eigene Wort zu halten.
„Keine Spielchen, keine Tricks, keine Sabotage“, verspricht FPÖ-Chef Herbert Kickl zu Beginn der Regierungsverhandlungen. Wenig später richtet er ein „Wort zum Sonntag“ an seine Facebook-Fans und damit in Wirklichkeit über den Koalitionspartner in spe. Doch die ÖVP ist um nichts besser.
Kaum ist das „Sicherheitsrisiko“ Kickl mit der 180-Grad-Wende und dem Obmann-Wechsel vollzogen und kaum hat man sich zwei Mal gemeinsam öffentlich gezeigt, ist es schon wieder vorbei.
Altes Rollenverständnis trotz neuen Sachverhalts. FPÖ und ÖVP gebärden sich wie (v)erbitterte politische Gegner, obwohl sie doch angeblich Koalitionspartner werden wollen.
Einem Partner „auf Augenhöhe“ aber richtet man nicht auf DIN-A4-Zetteln aus, wie es zu gehen hat. Weder bei der Ministerienverteilung (FPÖ) noch bei „Grundlinien“ (ÖVP). Schon gar nicht wird öffentlich, was an Verhandlungsmasse noch nicht druckreif ist (223 Seiten Protokoll). Doch das alles ist österreichische Realität und ein Armutszeugnis der Sonderklasse betreffend menschlichen Umgang, ideologischen Inhalt und politisches Handwerk. Nicht nur von FPÖ und ÖVP: Auch die anderen Parteien sind derzeit nicht staatstragend.
Beginnend bei der SPÖ.
Dass deren Chef Andreas Babler wieder verhandeln will, das ist bekannt. Ebenso verbrieft ist aber auch, dass ÖVP und Neos unter seiner Führung nicht über eine Regierung werden reden wollen, weil sie genau seinetwegen aufgestanden sind. Dass nun ausgerechnet SPÖ-Wien-Chef Michael Ludwig die Hand zum Verhandeln ausstreckt, obwohl er gar kein Mandat dafür hat und sich überdies auch nicht einbringen wird, das ist nachgerade perfid.
Dass Grünen-Chef Werner Kogler die ÖVP vom blauen Verhandlungstisch locken und sich als Noch-Vizekanzler mehr anbiedert denn anbietet, das ist einigermaßen nachvollziehbar. Sonderbar ist, dass ausgerechnet die Neos, die vor einem Monat als Erste die Dreierverhandlungen verlassen haben, sich jetzt wieder verantwortlich fühlen und meinen: „Der Volkspartei stehen alle Türen offen.“
Doch die Tür zu Neuwahlen ist längst offen – auch wenn manche glauben, sie müssten über den Umweg von Expertenregierung oder Dreierverhandlungen erfolgen.
"Das Recht geht vom Volk aus “ – und nicht von derzeit unfähigen Parteichefs, die allesamt zur Räson kommen oder ausgewechselt werden müssen. Andernfalls wird bei der nächsten Stimmabgabe der Nicht-Wähler das Wort haben.
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