Ein neuer Föderalismus muss her

Martin Gebhart
Nach der Corona-Krise wird das Verhältnis zwischen Bund und Ländern neu geordnet werden. Nicht nur wegen der fehlenden Geldmittel.

Als sehr konstruktiv und auf Augenhöhe werden die regelmäßigen Videokonferenzen von Bundeskanzler Sebastian Kurz mit den Landeshauptleuten bezeichnet. Nach der Corona-Krise wird es aber nicht mehr so amikal weitergehen, wie man bereits aus einigen Landeshauptstädten hört. Gleichgültig, ob dort Türkis oder Rot regiert. Nicht nur, weil dann der Steuertopf um einiges kleiner sein wird, sondern auch, weil der Ausnahmezustand die Schwachstellen zwischen Bund und Ländern deutlich gemacht hat.

Ein prägnantes Beispiel dafür lieferte diese Woche der Kärntner ÖVP-Tourismuslandesrat. Obwohl in seinem Bundesland die Regeln für die Öffnung der Seeufer vorliegen, wünschte er zusätzlich vom Bund österreichweite Badevorgaben. Dabei müsste es doch reichen, wenn der Bund den Rahmen definiert und jede Landesregierung – regional angepasst – die Umsetzung vorgibt. In Kärnten sollte man es besser wissen als am Ballhausplatz in Wien, wie die Corona-Vorgaben am Wörthersee praktikabel umgesetzt werden. Ganz anders agierte Burgenlands SPÖ-Landeshauptmann Doskozil. Der hat seine Seen-Verordnung durchzogen. Ohne Hilferuf nach Wien.

Viel schlimmer sind allerdings die Beispiele aus dem Gesundheits- und dem Schulbereich. Im Ministerium von Rudolf Anschober (Grüne) wusste man für einige Zeit nicht, wie viele freie Spitalsbetten in den Ländern tatsächlich zur Verfügung stehen. Auf der anderen Seite verkündete Anschober lückenlose Testungen in allen Pflegeheimen, ohne im Vorfeld mit den Landeshauptleuten abzuklären, ob und wie das umgesetzt werden kann. Prompt meldete Wien öffentlich seine Bedenken an. Im Schulbereich waren sich Bund und Länder wiederum nicht einig, wer für die Schüler-Laptops zuständig ist.

Die Wurzeln dieser Reibungspunkte liegen weit zurück. Das Ringen um Macht hat zu Verflechtungen geführt, die mittlerweile zu Hindernissen geworden sind. Im Bildungsbereich etwa wurde sogar eine Mischbehörde geschaffen, weil sich Ministerium und Länder nicht einigen konnten, wofür die jeweilige Ebene zuständig sein soll. Eine besondere Skurrilität.

Die Krise kann aber nicht dazu hergenommen werden, Zuständigkeiten einseitig zu stutzen. Ein neuer Föderalismus muss vielmehr klipp und klar festlegen, wofür die jeweilige Seite eigenverantwortlich ist. Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip, das von der Regierung so gerne in den Mund genommen wird. An der notwendigen Entflechtung sind schon einige gescheitert, zuletzt Ex-Minister Josef Moser. Die fehlenden Finanzmittel werden zwar unweigerlich zu harten Konfrontationen zwischen Bund und Ländern führen. Sie bergen aber auch die Chance, dass die Aufgaben endlich klarer definiert werden müssen. Was für beide Seiten ein Gewinn wäre.

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