Ein Kanzler als Quotenlieferant

Der deutsche Medienhype um Sebastian Kurz hat weniger mit Politik zu tun als mit Verkaufsinteresse.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Sebastian Kurz prangt auf den Titelseiten, zieht sich durch Schlagzeilen und Leitartikel, ist Dauergast in Talkshows. Der Hype in deutschen Medien um Österreichs Kanzler reißt auch nach dem Ende der österreichischen EU-Präsidentschaft nicht ab.

Am Montag strahlte die ARD eine monatelang recherchierte Dokumentation über Sebastian Kurz aus – mit sehr freundlichem Grundton. Die meisten deutschen Medien sehen Kurz positiv und beschränken sich auf ein paar strenge Absätze wegen seiner Koalition mit der FPÖ.

Was steckt da dahinter? Weniger Politik, als man glauben möchte. Zumindest nicht aufseiten der Medien. Für die ist der Kanzler in erster Linie ein Quotenbringer. Das Phänomen Kurz erzählt eine spannende Geschichte: Ein junger Bursche zieht aus, um eine verkorkste Partei umzudrehen und Regierungschef zu werden. Politisch balanciert er – Gruselfaktor (!) – auf dem Grat zwischen (Rechts-)Populismus und Abgrenzung vom fallweisen Extremismus seines Koalitionspartners.

Welche Politik Sebastian Kurz in Österreich wirklich macht, darüber sind die deutschen Journalisten-Kollegen uneins. So kann man mitunter in Leitartikeln der gleichen Zeitung lesen, dass Kurz „besser ist als Merkel“, aber genau so, dass er „eine Dilettantenregierung führt“.

Dass der Kanzler vom internationalen Medienhype um seine Person profitiert, ist evident. Insbesondere

aus dem deutschsprachigen Nachbarland hallt das Echo über die Grenze zurück.

Der Hype birgt aber auch ein Risiko für ihn. Medien tendieren dazu, sich an ihren Lieblingen zu rächen, wenn deren Stern – aus welchem Grund immer – irgendwann ins Sinken gerät. Emmanuel Macron muss diese bittere Erfahrung gerade machen.daniela.kittner

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