Das Internet ist auch jener Ort, an dem sich die jungen Islamisten – mit bosnischen und tschetschenischen Wurzeln – radikalisiert haben. Als Tummelplatz für Hassprediger läuft die digitale Welt der realen zunehmend den Rang ab. Probleme haben wir da wie dort: Jüngste Studien zeigen, dass Muslime in heimischen Moscheen vielfach immer noch mit staatsfeindlichen, integrationshemmenden Botschaften indoktriniert werden. Auch eine Erhebung über den islamischen Religionsunterricht förderte Bedenkliches zutage. Der digitale Raum ist noch gefährlicher, weil anonym. Das machen sich „Influencer Preacher“ zunutze, die hier ein junges Millionenpublikum erreichen. Um sich zu radikalisieren, muss man längst nicht mehr nach Syrien reisen. Es reicht, das Smartphone zur Hand nehmen. Für die Behörden sind – auch, weil rechtliche Mittel fehlen – die jungen Islamisten kaum fassbar. Da wächst eine gefährliche Gruppe heran.
Dass ausgerechnet die Regenbogenparade – ein Fest der Diversität und für die Rechte der LGBTIQ-Community – im Fadenkreuz stand, ist kein Zufall. Die offene westliche Gesellschaft ist Islamisten per se ein Dorn im Auge, für Homosexualität gilt das im Besonderen. In vielen islamischen Ländern ist die gleichgeschlechtliche Liebe mit Haft, in manchen mit der Todesstrafe bedroht.
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Brandgefährlich ist, dass Homophobie in Österreich längst nicht nur ein importiertes Problem ist. Rechte und erzkonservative Gruppen sind in ihrem reaktionären Gedankengut den ausländischen Predigern – paradoxerweise – nicht allzu fern. (Auch hier hilft das Internet.) Dass die FPÖ, die mit Ausländern sonst hart ins Gericht geht, die polizeiliche Meldung über die Anschlagsgefahr als „Ablenkungsmanöver“ und „Farce“ abtat, spricht für sich. Dass zwei „Anti-Pride-Märsche“ durch die Stadt zogen und eine Frau von Homophoben mit Tritten und Schlägen attackiert wurde, ebenfalls.
Wir leben in Zeiten der wachsenden Intoleranz und des Extremismus. Die Augen davor zu verschließen, sei es in der Integrations- oder Gesellschaftspolitik, geht sich nicht aus. All jenen, die den Boden für Hass und Gewalt aufbereiten, müssen wir stärker entgegentreten – egal, woher sie kommen.
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