Die vielen Gesichter der Polit-Heuchelei

Wenn Politik nur noch die Verkündigung von Propaganda ist, hilft nur der genaue Blick dahinter.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Die Heuchelei hat viele Gesichter. Blicken wir in jenes von Jacob Rees-Mogg. Der konservative Abgeordnete im britischen Parlament und Absolvent der Nobelschule Eton hat stets mit steifer Oberlippe die Vorteile eines Austritts aus der EU für die Briten argumentiert. Privat hat er das etwas anders gesehen und im Zuge des Brexit-Referendums seinen Investmentfonds ins irische Dublin, also in die EU verlagert. Sein Profit in den letzten zwei Jahren: Mindestens sieben Millionen Pfund. Da kann er sich die Medikamente, die bei den Briten im Falle des von ihm gewünschten harten Brexit Mangelware werden, künftig im Privatflieger einfliegen lassen.

Oder blicken wir nochmals in das freundliche Gesicht von Norbert Hofer, als er zu den Schulkollegen des von einem abbiegenden Lkw getöteten Buben wörtlich sagte: „Das ist ein ganz, ganz, ganz, ganz wichtiges Thema, wir werden uns anstrengen, Lkws sicherer zu machen. Haltet mir die Daumen.“ Das Ergebnis der darauffolgenden Besprechung war, dass es keinen verpflichtenden Abbiegeassistenten geben werde, was manche freilich schon vorher wussten.

Dass sich Kinder Sorgen um den Klimawandel machen, ist mehr als berechtigt. Sie werden die Auswirkungen massiv zu spüren bekommen. Sie sollen dafür demonstrieren, dass die Regierung mehr zur Vermeidung des -Ausstosses tut, auch durch eine ökologische Steuerreform. Bedenklich wird es, wenn ein 14-jähriger Schüler im KURIER-Talk auf die Frage nach der persönlichen Verantwortung wie ein Politiker antwortet: „Es geht nicht nur um den individuellen Teil des Klimawandels.“ Mag sein, aber solche Sätze entstehen im Kopf von Propagandisten, nicht von Kindern, sie so zu trainieren, ist auch Heuchelei.

Die Grenzen der Populisten aller Art

Ein vielfach eingesetzter Propagandaspruch ist auch, dass „sich Arbeit lohnen muss“. Jo eh, möchte man mit dem Bundeskanzler sagen, da wäre freilich viel mehr zu tun, als nur Sozialleistungen zu kürzen. Aber wo ist der Leistungsaspekt, wenn künftig Sozialhilfeempfänger für das dritte Kind nur noch einen Euro und 45 Cent pro Tag bekommen? Worum geht es da wirklich? Wenn es das Ziel ist, dass Ausländer oder österreichische Arme weniger Kinder bekommen, dann soll die Regierung das auch sagen. Kleiner Hinweis an die Message Control: Der Satz – „wir sparen im System und nicht bei den Menschen“ – ist überprüfbar.

Populisten aller Spielarten gelangen sehr schnell an ihre Grenzen. Das erlebt Donald Trump täglich und geht dann noch brutaler auf seine Kritiker los, das sehen die Brexiteers gerade, weil eben das Verlassen der EU als Hau-Ruck-Aktion für alle teuer wird und das sehen wir auch in Österreich. Freilich: Ein populistisches Ziel ist einfach nur die Verunsicherung, um dann mit noch schlichteren Rezepten zu kommen. Umso wichtiger ist es, Heuchelei auch so zu nennen.

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