Die Regierung patzt, die SPÖ versagt

NATIONALRAT: RENDI-WAGNER / NEHAMMER
Trotz ihrer offensichtlichen Schwächen gibt es derzeit keine Alternative zu Türkis-Grün. Die SPÖ versagt in entscheidender Situation.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Eigentlich ist Türkis-Grün erst knapp über der Halbzeit. Aber diese Regierung schleppt sich derart mühselig von Etappe zu Etappe, dass man sich schon beim Zuschauen mitleidig fragt: Schaffen sie’s wenigstens bis zum nächsten Sitzbankerl?

Der jüngste Stolperstein für Türkis-Grün: Am Dienstag sollte die Ankündigung des Gesundheitsministers, in öffentlichen Innenräumen wieder FFP2-Masken einzuführen, in eine Verordnung gegossen werden, um am Mittwoch Rechtskraft zu erlangen. Kurz vor Mitternacht räumte das Ministerium ein, dass das Vorhaben vorerst gescheitert sei. Irgendwer war auf die Schnapsidee gekommen, Maskentragen oder 3-G wahlweise freizustellen – sodass sich ganz sicher kein Mensch mehr auskennt, was wo gilt.

Der Maskenmurks ist leider nur der letzte einer ganzen Pannenserie, ein anderes Beispiel ist die Impfpflicht. Sie steht zwar im Gesetz, wird aber in der Praxis nicht vollzogen. Schon taucht in Regierungskreisen die knifflige Frage auf, wie man juristisch Maßnahmen für Ungeimpfte verhängen wird, die es laut Impfpflichtgesetz ja gar nicht geben dürfte.

Das riecht nach Arbeit für die Höchstrichter.

Auch in anderen Bereichen ist es mit der Umsetzungskompetenz der Regierung nicht weit her. Wie die Auszahlung des Klimabonus an alle in Österreich Wohnhaften zu bewerkstelligen ist, darüber wird seit Monaten gebrütet.

Ab Jahresmitte soll das Geld fließen, könnte sich aber verspäten. Sicher ist, dass eine eigene Behörde geschaffen wird, die sogar in Regierungskreisen ein „Bürokratiemonster“ genannt wird.

Trotz ihrer offensichtlichen Schwächen gibt es zu dieser Koalition derzeit jedoch keine Alternative. Angesichts des russischen Vernichtungsfeldzugs gegen ein freies Land unweit von Österreich wären Neuwahlen deplatziert. Man braucht eine Regierung, die sich um Energieversorgung und Flüchtlingsbetreuung kümmert und sich bei EU-Entscheidungen einbringt.

Innenpolitisch drängt sich auch keine Alternative auf. Die SPÖ hat in der Frage, ob der ukrainische Präsident im Nationalrat eine Rede halten soll, zwei Tage gebraucht, um klarzumachen, auf welcher Seite sie steht, und schwurbelt seit Kriegsausbruch über „Neutralität“. Doskozil attestiert der Bundes-SPÖ in dieser Sache zurecht einen „schweren außenpolitischen Fehler“. Der Spitzendiplomat und frühere Kreisky-Sekretär Wolfgang Petritsch nennt die SPÖ-Außenpolitik „unerträglich“. Außenpolitische Sprecherin der SPÖ ist übrigens Parteichefin Pamela Rendi-Wagner.

Wenn die Oppositionsführung in einer derart entscheidenden Situation nicht Flagge zeigt, relativiert das so manchen handwerklichen Patzer der Regierung.

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