Doskozil kritisiert eigene Parteilinie zu Selenskij-Rede

Doskozil kritisiert eigene Parteilinie zu Selenskij-Rede
Hans Peter Doksozil (SPÖ) hält die Position der SPÖ für einen "außenpolitischen Fehler". Das ist eine indirekte Kritik an der eigenen Parteispitze Pamela Rendi-Wagner

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) hält die Ablehnung einer Rede von Selenskyj für einen Fehler und sieht darin überhaupt "keine Frage der Neutralität, wenn jemand seine Meinung transportiert". "Das war ein außenpolitischer Fehler, der hätte nicht passieren dürfen", übte er am Rande einer Pressekonferenz am Mittwoch in Eisenstadt Kritik an seiner Bundespartei und verwies auf die Vergangenheit, in der Österreich in anderen Fällen Partei ergriffen habe. Dem ukrainischen Ministerpräsidenten, der mit dem Rücken zur Wand stehe, nicht das Wort zu erteilen, hält er für "falsch", zumal auch jeder wisse, wer "die Schuldfrage trägt und wer Kriegsverbrechen betreibt".

Doskozil äußert damit neuerlich indirekte Kritik an der Parteiführung, Pamela Rendi-Wagner (SPÖ). Sie ist nämlich nicht nur Bundesparteivorsitzende, sondern auch außenpolitische Sprecherin der Sozialdemokraten. Die Parteilinie zu außenpolitischen Fragen fällt damit in ihre Kompetenz. 

Leichtfried weist Kritik von SPÖ weg 

Die Aussage der NEOS, wonach die SPÖ eine Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij ablehnen, sei "falsch", sagt der stellvertretende SPÖ-Klub-Vorsitzende Jörg Leichtfried am Mittwoch in einer Aussendung. Mit Berufung auf Österreichs Neutralität habe es lediglich eine politische Diskussion gegeben. Die Neutralität sei ein großer Vorteil, wenn Österreich als Vermittler auftreten möchte.

Außerdem liege die Entscheidung beim Nationalratspräsidenten. "Sollte eine solche Einladung erfolgen, dann wird die SPÖ nicht dagegen sein", so Leichtfried. "Österreich ist niemals neutral gegenüber der Verletzung von Völkerrecht und Menschenrechten", heißt es in der Aussendung weiter. 

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) ist grundsätzlich dafür, den ukrainischen Präsidenten einzuladen. Bedingung dafür ist allerdings ein Einvernehmen unter den Fraktionen, so Sobotka gegenüber der APA. 

Edtstadler: Einladung ist Sache des Parlaments

Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) betonte am Rande eines Termins, dass es natürlich Sache des Parlaments sei, ob es den ukrainischen Präsidenten einlade. Für sie sei es aber "in der jetzigen Zeit wichtig, Solidarität öffentlich zu zeigen und nicht nur Gespräche in der Amtsstube zu führen". Für das Parlament könne sie aber natürlich nicht sprechen.

Neos unterstützen den SPÖ-"Sinneswandel"

"Erstaunt, aber auch erfreut" über "den offensichtlichen Sinneswandel der SPÖ" zeigte sich unterdessen NEOS-Vizeklubchef Nikolaus Scherak nach Leichtfrieds Stellungnahme. "Nach 24 Stunden zu behaupten, dass die SPÖ nie gegen eine Rede Selenskyjs war, weil es keine Abstimmung dazu gab, ist einigermaßen verwunderlich und zeigt deutlich die fragwürdige Haltung der SPÖ: Nur nicht konkret Stellung beziehen, im Zweifel lieber nichts tun und mit fadenscheinigen Argumenten dagegen kommen." Es gehe hier nicht nur um die Frage, ob Selenskyj vor dem Parlament spricht, sondern "wie stark sich Österreich tatsächlich auf die Seite der Ukraine stellt und was wir als neutrales Land alles tun können, um Putin zu stoppen". Dafür sei eine eindeutige Haltung notwendig.

Nachdem jetzt offenbar fast alle Fraktionen für eine Rede Selenskyjs im Hohen Haus seien, schlug Scherak eine Nationalratssondersitzung nächste Woche vor, in deren Rahmen die Rede stattfinden soll.

Selenskyj war in den vergangenen Tagen in mehreren Ländern die Möglichkeit gegeben worden, per Video zu den Abgeordneten zu sprechen - etwa in Deutschland, Italien, Kanada und den USA sowie im Europaparlament.

 

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