Die Hoffnung ruht auf den Nachwendekindern

Immer öfter erheben junge Schriftsteller, Journalisten, aber auch Unternehmer, die nach 1989 im Osten geboren sind, ihre Stimme.
Sandra Lumetsberger

Sandra Lumetsberger

Die Mauer trennte Millionen von Menschen voneinander, ihr Fall, der sich bald zum 30. Mal jährt, brachte Gutes wie Schmerzliches: Geschäftstüchtige aus dem Westen waren zur Stelle, die es nicht nur gut meinten, sondern sich vieles einverleibten; Menschen wurden über Nacht arbeitslos, mussten umschulen und sahen für sich keine Perspektive mehr. Ja, die gegenseitigen Zuschreibungen von „Besser-Wessis“ und „Jammer-Ossis“ kommen nicht von ungefähr, aber damit sollte eigentlich Schluss sein. Leider ist das nicht so. Der Wahlkampf in Sachsen und Brandenburg brachte, ebenso wie das nahende „Jubiläum“, alte Stereotype hervor – in Gesprächen, Talk-Shows oder auf Magazin-Covers. „So isser, der Ossi“ lautete der Spiegel-Titel – provokant und einfallslos.

Die Hoffnung, dass sich beim Zusammenwachsen etwas ändert, ruht auf der Generation Nachwendekinder. Immer öfter erheben junge Schriftsteller, Journalisten, aber auch Unternehmer, die nach 1989 im Osten geboren sind, ihre Stimme. Sie legen Wert auf Differenzierung, lehnen platte Klischees ab und wollen nicht jedes Mal erklären müssen, wie es sich lebt zwischen Plattenbau und Nazis. Sie stellen Fragen an ihre Eltern, die – weil sie nicht mehr „Jammer-Ossi“ sein wollten – über ihre Erfahrungen im DDR-System geschwiegen haben.

Diese Aufarbeitung ist umso wichtiger, da Kränkungen über Generationen nachwirken. Die Gefahr ist groß, dass sich die Jungen ebenfalls als Opfer sehen. Die AfD versucht, ihnen diese Rolle überzustülpen, strickte eine spalterische Kampagne, die – siehe Wahlergebnis in Sachsen und Brandenburg – bei unter 30-Jährigen verfing: Vollende die Wende, beschwört sie und tut so, als würde man in einer Diktatur leben. Dabei zieht sie selbst eine Mauer hoch.

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