Die Briten wählten den Brexit, nach links wollten sie nicht

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Boris Johnsons Sieg weist den Weg Großbritanniens direkt aus der EU hinaus - nicht in sozialistische Phantasien
Konrad Kramar

Konrad Kramar

"Kriegt den Brexit hin": Seine gesamte Wahlkampagne war auf diesen einen Slogan zusammengedampft worden – und der trug ihn zu einem beeindruckenden Sieg. Boris Johnson, der mit einem seit jeher untrüglichen Sinn für die Grundstimmung seiner Landsleute ausgestattete konservative Populist, ist am Ziel angelangt. Er hat die stabile Mehrheit im Londoner Unterhaus hinter sich, die er schon im Auge hatte, als er vor eineinhalb Jahren den Putsch gegen seine strauchelnde Vorgängerin Theresa May begann. Dieser Sieg aber ist vor allem eine Niederlage der Labour Partei und ihrem bieder altlinken Chef Jeremy Corbyn. Der wollte nicht sehen, was seine Stammwähler 2016 bei der Volksabstimmung sagen wollten, als sie in den Labour-Hochburgen im Norden Englands für den Brexit stimmten. Corbyn schaffte es nicht, zu einer klaren Position in dieser Frage zu finden, die jetzt wie erwartet die Wahl entschieden hat. Er bot den Briten stattdessen ein sozialistisches Utopia inklusive Verstaatlichungs-Phantasien für Infrastruktur und Industrie an, das sie ihm einfach nicht abkauften. Sie wollten, das man ihre Entscheidung für den Brexit respektierte, und daraus einen Weg in die Zukunft baute – außerhalb der EU. Für diese simple klare Haltung, waren viele kleine Leute sogar bereit, die Partei zu wählen, deren Spar- und Steuerpolitik gerade sie getroffen hat.  

Die Entscheidung für Johnson ist aber nicht nur ein Sieg, sondern auch eine riesige Bürde für einen Mann, der ein halbes politisches Leben lang lieber an der Seitenlinie tänzelte, sich bejubeln ließ und dem Mittelstürmer, auch seiner eigenen Mannschaft, das Leben schwer machte. Jetzt hat der konservative Premier einen klaren Auftrag, und der bedeutet fürs erste, konsequente Verhandlungen mit der EU. Johnson, der sich noch nie durch Liebe zu den Fakten oder Detailwissen hervorgetan hat, hat einen langen mühsamen Weg vor sich – und solche Bergauf-Langstrecken sind nicht seine Stärke. Bleibt abzusehen, ob er den Brexit, den er den Briten rasch und konsequent versprochen hat, auch so hinkriegt. Bei der EU, trauen ihm das  viele Entscheidungsträger hinter den Kulissen nämlich nicht zu.

    

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