Was bringt es tatsächlich, wenn Infizierte, die keinerlei Symptome aufweisen, erfasst werden? Flächendeckend sind Infektionen bei dieser Ausbreitungsgeschwindigkeit ohnehin nicht mehr aufzuspüren, geschweige denn die Kontaktketten nachzuvollziehen. Und da sich die Bevölkerung immer deutlicher in Testwillige und Testunwillige teilt, wird auch hier eher eine Gemütsverfassung abgebildet als ein tatsächliches Infektionsgeschehen.
Anderswo in Europa denkt man inzwischen laut über eine grundsätzliche Strategieänderung nach. In Spanien etwa erklärt die Regierung inzwischen öffentlich, die Pandemie in Zukunft wie jede Grippewelle zu betrachten. Ein eigens zusammengestelltes Gremium von Fachleuten verfolgt die Entwicklung, greift dort ein, wo sich eine örtliche Krise anbahnt, etwa bei einer akuten Überlastung der Krankenhäuser, oder auch der Intensivstationen. Auch Vertreter der europäischen Gesundheitsagentur signalisieren neuerdings Zustimmung zu dieser Strategie. Schließlich müsse man sich ja auf ein langfristiges Zusammenleben mit dem Coronavirus und seinen voraussichtlich weiterhin zahlreichen Mutanten einstellen.
Ganz ähnlich hört sich inzwischen auch der Mann an, der bis dato immer für möglichst massive Maßnahmen eingetreten ist. Der deutsche Virologe Christian Drosten plädiert inzwischen offen dafür, dass sich das Virus verbreiten müsse. Der milde Verlauf der Omikron-Variante und die inzwischen verbreitete Immunität durch Impfung oder Infektion mache das möglich. Eine endlose Folge an Booster-Impfungen, die alle paar Monate verabreicht würden, ließe sich ja ohnehin nicht fortsetzen.
Natürlich steckt auch einiges Risiko in dieser Strategie, wie nicht nur Drosten betont. Trotzdem bietet gerade die Omikron-Welle die Möglichkeit, den Weg in die Normalität zumindest einmal anzutreten. Viele Maßnahmen, wie etwa das Masken-Tragen in Massenverkehrsmitteln, sind ja ohnehin längst Teil unseres Alltags geworden. Sie werden uns weiterhin helfen, den Teil der Bevölkerung zu schützen, dem das Virus wirklich gefährlich werden kann. Der tägliche Zahlensalat aber, gepaart mit einer Testlawine, die täglich mehrere Millionen an öffentlichen Geldern verschlingt, trägt dazu nicht mehr allzu viel bei.
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