Das Urteil im Floyd-Prozess ist eine echte Chance für die USA
Konrad Kramar
21.04.21, 14:23„Nichts anderes als Mord!“ „Sinnloses Töten!“ – die Deutlichkeit, mit der US-Präsident Joe Biden das Urteil gegen den Ex-Polizisten Derek Chauvin kommentierte, beeindruckt und erstaunt. Welcher Staatschef würde sich so klar gegen ein ehemaliges Mitglied seiner Sicherheitskräfte stellen, egal welches Verbrechen der in Uniform begangen hat.
Doch der Kampf gegen die Gewalt in den USA, egal ob sie nun in Uniform ausgeübt wird, oder von hochgerüsteten Psychopathen, ist ganz offensichtlich ein Anliegen, das Biden zutiefst bewegt.
"Wir können wieder Atmen" Reaktionen nach dem Mordurteil im Fall Floyd
Vielleicht ist es ja gerade diese Ehrlichkeit, die dieses Anliegen den Menschen begreiflich machen kann. Um zu verstehen, wie schwer das gerade in den USA ist, muss man nicht weit in den Geschichtsbüchern zurückblättern. Barack Obama hatte die gleichen erklärten Ziele, kam aber nicht weit damit.
Schlimmer noch, er gab dem Populisten Donald Trump damit die Trümpfe in die Hand: Der Kampf gegen privaten Waffenbesitz, aber auch der gegen den Rassismus bei der Polizei, das seien doch Hirngespinste irgendwelcher abgehobenen Eliten, die nichts vom Leben der Menschen verstehen würden.
Trump, der Spekulant aus New York, machte sich so zum Robin Hood jener, die ihre Gewehre zur Verteidigung und ihre toughe Polizei zum Schutz vor dem plündernden schwarzen Mob brauchen würden. Das Gegenüber entmenschlichen, die eigene Opferrolle betonen: eine bewährte Strategie des Populismus. Dass sie verfängt, liegt an den Ängsten, die nicht nur in den USA immer mehr durchs Leben begleiten.
Hat Biden die Kraft?
Diesen Ängsten die Idee entgegenzuhalten, dass der schwarze Mob aus niemand anderen als genauso armen Nachbarn besteht, die sich nicht aus Spaß an den Rand der Gesellschaft gesellt haben – das braucht nicht nur tiefe Überzeugung, sondern auch die Kraft, sie zu vermitteln.
Vielleicht hat sie gerade Joe Biden in seiner oft steif und unbeholfen wirkenden Art. Wenn nicht, muss der nächste Populist nicht lange nach Wahlkampfthemen suchen.
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