Ein Beleg dafür ist die generelle Stimmung: Wenn auch nur halbwegs zutrifft, was die Meinungsforschung flächendeckend befundet – dass nämlich die SPÖ bei einer Nationalratswahl im schlechtesten Fall gleichauf und im wahrscheinlichsten aller Fälle sogar vor der ÖVP zu liegen käme –, hat Rendi-Wagner ein Ziel erreicht: Die SPÖ ist zumindest wieder so stark, dass ohne sie de facto keine Regierungsmehrheit zustande käme.
Dies im Auge habend, tun sich Rendi-Wagners interne Kritiker heute um ein Vielfaches schwerer als noch vor einigen Monaten. Denn natürlich ist die Sache nicht endgültig erledigt, und ja: Es gibt – vor allem im Osten der Republik – namhafte Parteigänger, die weiter überzeugt sind, dass die SPÖ gut daran täte, vor der Nationalratswahl noch einmal über den eigenen Kanzlerkandidaten abzustimmen.
Dem steht entgegen, dass Rendi-Wagner enorme Leidensfähigkeit bewiesen hat; dass sie die SPÖ tendenziell über dem Ergebnis der Nationalratswahl stabilisieren konnte; und vor allem: Dass keiner der werten Herren (und ja, es sind nur Männer) den Mut hat, sich aus der Deckung zu wagen.
Pamela Rendi-Wagner sitzt also fester im Sattel als vor einem Jahr. Und so ist die entscheidende Frage, mit welchen Themen sie eine Wendestimmung erzeugen will. Reicht es zu sagen: Rauf mit Pensionen, Gehältern und Arbeitslosengeld – und runter mit den Steuern auf Lebensmittel, Gas und Strom? Vermutlich nicht.
Will die SPÖ zurück ins Kanzleramt, muss sie eine kantige Erzählung liefern, wie Österreich mit einer sozialdemokratischen Führung aussehen würde. 2006 versprach ein gewisser Alfred Gusenbauer, dass er den Kauf der Eurofighter rückabwickelt, die Studiengebühren abschafft und den Pflegenotstand behebt, den der damalige ÖVP-Kanzler hartnäckig in Abrede stellte. Gusenbauer schaffte wenig davon. Die Eurofighter fliegen bis heute. Und der Pflegenotstand? Er ist dramatischer denn je. Aber immerhin ahnten die Wähler, was dieser Oppositionsführer anders machen würde. In Zeiten, in denen Politik verdammt kompliziert geworden ist, sollte man das nicht unterschätzen. Schon gar nicht, wenn man die erste gewählte Kanzlerin des Landes werden will.
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