Das PISA-Ergebnis ist kein Grund zur Freude

Österreich hat eines der weltweit teureren Bildungssysteme, die heimischen Schüler zählen im internationalen Vergleich aber nicht zu den besten. Die Ergebnisse der neuen PISA-Studie belegen das erneut. Ob Lesen, Rechnen oder Naturwissenschaften: Österreichs 15-jährige Schüler sind nur knapp besser als der Durchschnitt der OECD- und EU-Staaten. Sie haben sich im Vergleich zu den Leistungschecks von 2015 und 2018 vor allem beim Rechnen und Lesen verschlechtert, in den Naturwissenschaften minimal verbessert.
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Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP), bisher nicht als ambitionierter Reformer aufgefallen, findet das teure Befriedigend dennoch „erfreulich“. Und ja, der Ländervergleich liefert tatsächlich ein paar Trostpflaster. Abgesehen von Japan und Südkorea haben alle Länder sprachlich oder mathematisch abgebaut. Der naheliegendste Grund sind die Schulschließungen während der Pandemie. Es gibt aber auch eine zweite Erkenntnis, die auf fast alle OECD-Staaten zutrifft: Die Auswirkungen von gravierenden Einkommensunterschieden und Parallelgesellschaften kann auch das beste und teuerste Bildungssystem nicht mehr kaschieren.
Gut situierte Schüler schneiden in den Tests signifikant besser ab. Am schwächsten performen wiederum Schüler mit Migrationshintergrund, die zusätzlich aus ärmeren Verhältnissen stammen. Besorgniserregend schwach: Deutschland, das wie Österreich seit der Migrationskrise 2015 zu den Ländern mit den meisten Zuwanderern zählt.
Bei einem Blick auf die Daten wäre es deshalb schon ein Erfolg, das aktuelle Ergebnis beim nächsten PISA-Test zu halten: In den Wiener Bezirken Margareten, Ottakring und Hernals sprechen laut Statistik Austria bereits mehr als 90 Prozent der Schüler an Mittelschulen privat zumeist nicht Deutsch. In Wiens Volksschulen und Kindergärten ist der Trend vergleichbar.
Polascheks Amtszeit endet mit hoher Wahrscheinlichkeit kommendes Jahr. Sein Nachfolger muss die erste größere Bildungsreform seit 2017 umsetzen. Reformvorschläge gäbe es genug: bürokratische Hilfskräfte an Schulen, frühere Deutschförderung, deutlich bessere Betreuungsquoten, eine ernst zu nehmende Digitalisierungsoffensive sowie enge Auffangnetze für schwächere Schüler – beispielsweise wie im EU-PISA-Siegerland Estland, wo jeder Lehrer eine Schülersprechstunde pro Woche hat.
Aber auch im Kampf gegen Parallelgesellschaften braucht es endlich eine Debatte ohne Denkverbote. Die Zustände an vielen Brennpunktschulen sind den Lehrkräften nicht mehr zumutbar, zudem werden sie den Fachkräftemangel künftig verschärfen. Doch die Wiener SPÖ sinniert offensichtlich lieber über die Abschaffung der Matura.

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