Coronabekämpfung: Gemeinsam statt kopflos

Coronabekämpfung: Gemeinsam statt kopflos
Während die EU bei Impfstoffen wie Krisenfinanzierung Solidarität und Lösungskompetenz beweist, zeigt sich Österreich planlos

Heute ist es soweit. Die EU-Arzneimittelbehörde wird früher als gedacht über die Zulassung der ersten beiden Corona-Impfstoffe entscheiden. Damit können EU-BürgerInnen voraussichtlich ab 27. Dezember geimpft werden. Das zeugt von einem erfolgreichen Paradigmenwechsel.

Zu Beginn der Pandemie gingen in der Union noch überall die Schlagbäume hinunter und die europäische Politik suchte ihr Heil im Nationalen. Nach diesem Schock gelobten die Gesundheitsminister Besserung. Die Europäische Kommission stellte hohe Summen aus dem EU-Forschungsbudget für die Bekämpfung der Pandemie und zur Impfstoffentwicklung zur Verfügung. Die Minister schlossen zusammen Verträge mit den Pharmafirmen ab. Das war nicht einfach, denn grundsätzlich fällt die Gesundheitspolitik in den Kompetenzbereich der Nationalstaaten. Die EU raufte sich aber zusammen und besann sich nach einigem Hin und Her darauf, ihre geballte Einkaufsmacht in die Waagschale zu werfen, um sich ausreichend Impfstoff für ihre 450 Millionen BewohnerInnen zu sichern.

Die Verteilung zwischen den Mitgliedstaaten wurde nach einem fairen Schlüssel solidarisch und für alle zeitgleich organisiert. Davon profitiert auch Österreich. Bei einem “Jeder-Gegen-Jeden“ hätte die kleine Alpenrepublik im globalen Wettlauf um die begehrten Impfstoffe schlechte Chancen gehabt. Wenn es darauf ankommt, funktioniert die viel gescholtene Europäische Union also durchaus – solidarisch, auch im Interesse der kleinen Mitgliedstaaten. Das zeigt auch der historische Kompromiss am EU-Gipfel vor einer Woche über das 1,8 Billionen Euro schwere Haushalts- und Konjunkturpaket.

Ohne Einigung wäre die EU nicht nur ohne Budget, sondern auch ohne 750 Milliarden Euro an Hilfen für den wirtschaftlichen Wiederaufbau dagestanden. Eine Hiobsbotschaft für von der Pandemie schwer getroffene Länder wie Italien oder Spanien. Während das Krisenmanagement der EU mittlerweile funktioniert, herrscht in Österreich Planlosigkeit.

Nachdem die Bundesregierung im Spätsommer wochenlang einem exponentiellen Wachstum bei den Neuinfektionen tatenlos zugesehen hatte, zog sie im November die Notbremse und verhängte einen zweiten harten Lockdown. Allerdings erst, als die Neuinfektionen pro Kopf den höchsten Wert weltweit erreicht hatten. Das vielbeschworene Contact-Tracing war zu diesem Zeitpunkt längst zusammengebrochen. Überstürzt organisierte und schlecht kommunizierte Massentests, an denen sich gerade einmal ein Viertel der Bevölkerung beteiligte, halfen bei der Aufklärung des Infektionsgeschehens wenig. Nun stecken wir mitten in der zweiten Welle. Der Kanzler spricht bereits von einer möglichen dritten Welle und hat sehr kurzfristig einen neuerlichen harten Lockdown ab dem 26. Dezember verkündet. Trotzdem gibt es über Weihnachten erneut Lockerungen der Regeln zu den sozialen Kontakten, die ohnehin nur mehr Experten überblicken.

Von der EU könnte Kanzler Kurz jedenfalls eines lernen: Wie man trotz widriger Umstände diese Krise nüchtern und lösungsorientiert managt, indem man zusammen- statt gegeneinander arbeitet.

Barbara Blaha leitet den Thinktank Momentum Institut.

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