Eine Hoffnung für die Wiener Staatsoper

Die Bestellung von Bogdan Roščić zum neuen Operndirektor zielt in die richtige Richtung.
Gert Korentschnig

Gert Korentschnig

Er wird die Staatsoper nach innen wie nach außen umbauen.

von Gert Korentschnig

über Bogdan Roščić

Kulturminister Thomas Drozda sprach bei der Präsentation des künftigen Wiener Staatsoperndirektors dem amtierenden mehrfach Dank aus. Von dieser Stelle aus sei betont: Dominique Meyer wird weder vorzeitig abgesetzt noch rausgeschmissen. Wenn Bogdan Roščić 2020 antritt, wird Meyer zehn Jahre lang die Geschicke von Österreichs größter und prestigeträchtigster Kulturinstitution geleitet haben. Das ist auch im internationalen Vergleich eine übliche Amtsdauer.

Nun kann man durchaus beklagen, dass die Staatsoper in den vergangenen Jahren an Relevanz verloren hat. Nicht in der Publikumsgunst – die Auslastung ist nach wie vor enorm hoch (sofern man den publizierten Zahlen immer trauen kann). Aber in der internationalen Wahrnehmung. Bezüglich der innovativen Kraft. In Hinblick auf die Entwicklung des ganzen Genres.

Wenn man solche (belegbaren) Argumente erwähnt, gibt es sofort den Aufschrei: Was kümmert uns das Feuilleton in anderen Ländern? Macht Wien Oper für Wien oder für Kritiker in Schwetzingen oder anderswo? Selbstverständlich macht Wien Oper für die Welt. Selbstverständlich muss es in Wien in jeder Hinsicht, in musikalischer wie in szenischer, höchste Ansprüche geben. Selbstverständlich muss Wien international Maßstäbe setzen. Und die Moderne, mit der hier oft schon 100 Jahre alte Werke assoziiert werden, ist laut Gesetz sogar eine Verpflichtung.

Ruhestörung

All das berücksichtigend, zielt die Bestellung des ehemaligen Journalisten (u. a. beim KURIER), einstigen Radiomachers und nunmehrigen Musikmanagers in die richtige Richtung. Die Staatsoper braucht eine Öffnung in Hinblick auf neues und neugieriges Publikum, eine Öffnung in Hinblick auf neue künstlerische Möglichkeiten, die faszinierendsten Konstellationen. Und auch eine massive Stärkung der Außenwahrnehmung. Dass jetzt in einschlägigen Foren heftigst – auch sehr ablehnend und mit vielen Vorwürfen gegenüber Roščić – diskutiert wird, ist ein gutes Zeichen. Zuletzt war es viel zu ruhig.

Aber versuchen wir, Vorurteile und Klischees beiseite zu lassen und die Entscheidung ganz sachlich zu betrachten. Was Roščić definitiv kann: das Haus neu positionieren. Er wird die Staatsoper nach innen wie nach außen umbauen. Und er wird in einem besonders strukturkonservativen Betrieb auf viel Widerstand stoßen und auf eine Mentalität des Unverständnisses.

Definitiv Stärken des selbstbewusst auftretenden und kommunikativ sehr bewanderten Roščić sind seine internationale Vernetzung, die gute Kenntnis des Klassikbetriebes und der persönliche Zugang zu zahlreichen Stars, die er in seiner Funktion als Chef von Plattenfirmen "miterfunden" hat. Er kennt die Wiener Philharmoniker von Kooperationen und zahlreiche wichtige Dirigenten als bisherige Vertragspartner. Über seine szenischen Ideen weiß man so gut wie gar nichts. Bei seinem ersten Auftritt als designierter Opernchef hat er keinen Fehler gemacht, war allerdings inhaltlich noch nicht sehr präzise.

Entscheidend wird sein, mit welchem Kreativteam, mit welchem Musikdirektor, mit welchen Sängerscouts, welchen szenischen Beratern er antritt. Seine Bestellung ist für die Staatsoper jedenfalls eine Chance – und wird das altehrwürdige Haus mit frischer, anderer Energie füllen.

Kommentare