Meine Radtour: Vom Semmering nach Zagreb

Ansichten von unterwegs: Über der Mürz, südlich von Mürzzuschlag
Uwe Mauch

Uwe Mauch

Ich bin die Etappe Nr. 10 geradelt. Im Folgenden einige Eindrücke.

von Mag. Uwe Mauch

über seine Tour de Kurier

Blog Nr. 1133: Im KURIER läuft derzeit eine zwölfteilige Sommer-Serie. Redakteure der Zeitung und des Radkartenverlags Esterbauer stellen im Rahmen der Tour de Kurier schöne Radtouren vor. Die zwölf Etappen führen kreuz und quer durch Österreich, die Berichte erscheinen jeweils mittwochs und sonntags. Ich bin die Etappe Nr. 10 geradelt (wird am 17. August veröffentlicht). Im Folgenden einige Eindrücke, die ich am Weg vom Semmering via Spielfeld zum Sljeme in Zagreb eingefangen habe.

Auf der alten 17er ein Sommer wie damals

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Für Radserie sowie Blog Lebensnah Uwe Mauch

Am Semmering steige ich aus dem Zug, entfalte binnen weniger Sekunden mein Faltrad und radle los. Warm ums Herz wird mir schon in der Bahnhofsstraße. Weniger wegen der Sommerfrischevillen, mehr wegen der Steigung. Nach nur zwei Kurven auf der alten 17er-Bundesstraße ist aber auch schon Schluss mit Schwitzen. Von der Passhöhe geht es fortan immer leicht bergab. Richtung Süden. Die Abfahrt auf der heute verkehrsarmen Triester Straße lässt Kindheitserinnerungen wach werden. Ein Sommer wie damals.

Weiter entlang der grün schimmernden Mürz

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In der Bezirkshauptstadt Mürzzuschlag gilt es, hinter der Fußgängerzone denMürztalradwegzu finden. Eine machbare Aufgabe. Der gut beschilderte R5 ist im Vergleich zu anderen Flussradwegen wenig bekannt. Dabei ist speziell der erste Abschnitt bis Kindberg eine Radreise wert. Es geht entlang der grün schimmernden Mürz, vorbei an historischen Industriebauten, aber auch durch Orte, die sich ihren ländlichen Charme bewahrt haben. Der Heimatdichter Rosegger und der Industrielle Böhler sind gegenwärtig!

Vor Kapfenberg: Das nenn ich Brutalität

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Die natürliche Idylle hat allerdings ein Ablaufdatum: Schon vor Kindberg wird das Mürztal breiter und die Besiedelung bzw. Zersiedelung aggressiver. Autobahn-Abfahrt und Gewerbepark vor Kapfenberg, das nenn' ich raumplanerische Brutalität. Auch das Zusammenwachsen mit Bruck an der Mur hat wenig Liebliches an sich, im Gegenteil. Die vierspurige Bundesstraße erzeugt ein Dauerdröhnen, das nicht verstummen will. Immerhin, gleich hinter dem Zusammenfluss von Mürz und Mur wird meine Radfahrt wieder ruhiger.

Erquickliches zwischen Bruck und Graz

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Nach Bruckwird die Steiermark schnell wieder grüner und gemütlicher. Es geht nun entlang der deutlich breiter ausgeprägten Mur, durch kühlen Schatten spendende Wälder und ordentlich herausgeputzte Ortschaften wie Pernegg, Mixnitz oder Frohnleiten. Dann ist eine richtungsweisende Entscheidung zu treffen. Aus Erfahrung sage ich: Bleibt bis Graz immer auf der rechten Seite des Flusses! Die Variante via Deutschfeistritz, Gratwein und Judendorf-Straßengel verspricht deutlich mehr Abwechslung.

Das geht doch auf keine Radfahrerhaut!

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Die Kuh vor Graz reibt sich die Augen. Immer wieder Radfahrer, die bei ihr vorbeikommen und sie fotografieren! Das geht doch auf keine Kuhhaut! Sie fügt sich jedoch in ihre Rolle, richtet sich auf und tritt näher. Doch das ist keine so gute Idee. Die nächsten fünf Kilometer habe ich damit zu tun, ihre Fliegen wieder los zu werden. Das geht doch auf keine Radfahrerhaut! Die hartnäckigen Begleiter mögen offensichtlich meine Duftnote, ein nicht salonfähiges Gemisch aus Schweiß und Sonnencreme.

Rush hour auf dem Murradweg in Graz

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Urbaner wird es in Graz. Auf dem Radweg entlang der Mur gerate ich nachmittags in eine Raddemo. Nein, die Grazer Radler demonstrieren gegen niemanden. Sie demonstrieren viel mehr, mit welchem Fahrzeug sich ihre Stadt am bequemsten und schnellsten durchmessen lässt. Von Norden nach Süden, von Gösting bis Gössendorf, kann man es in weniger als einer Stunde schaffen. Außer man hat in der steirischen Landeshauptstadt besseres zu tun als nur zu auf dem Rad zu sitzen und auf der Durchreise zu sein.

Herzlhof: Die Krönung eines langen Tages

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Man muss die 177 km vom Semmering nach Spielfeld natürlich nicht an einem Tag radeln. Doch selbst Eilige wie ich werden am Ende des Tages reichhaltigst belohnt. Von Augenblicken, Düften, Geräuschen. Die Krönung ist aber das kühle Bier und die Dusche amHerzlhofim Spielfelder Ortsteil Unterschwarza. Wo Familie Rupp mit viel Liebe zum Detail und zu den Gästen ihren Bauernhof adaptiert hat. 700 Meter von der Mur entfernt schlafe ich tief und gut. Und das Frühstück am nächsten Tag ist eine Pracht!

Mich selbst zieht es weiter nach Süden

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Man kann von Spielfeld – wie die beiden Gentleman – weiter bis Bad Radkersburg radeln. Es geht vorbei an alten Bauernhäusern, durch stille Dörfer und das hübsch herausgeputzte Städtchen Mureck. Auffallend ist die Ordnung, die die Menschen hier an den Tag legen. Man kann aber auch in Spielfeld in den Zug zurück in den Norden steigen. Mich selbst zieht es weiter in Richtung Süden. Es ist Sommer, das Wetter ist gut, und bis nach Zagreb kann man es bei guter Kondition in einem weiteren Tag schaffen.

Staatsgrenze, oder: EU-Wohlstandskante

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Auf der Brücke über die Mur, die von Mureck rüber nach Slowenien führt, wird jetzt wieder kontrolliert. Soldaten des Bundesheers haben diesen Part übernommen. Bitte keine Klischees bedienen! Aber mit der Überfahrt von einem nördlicheren in ein südlicheres EU-Mitgliedsland wird auch das Wohlstandsgefälle sofort sichtbar: Die Anzahl der Löcher im Asfalt werden mehr, die Anzahl der Radwege weniger; und die Fassaden der Häuser sind weniger schmuck als drüben bei den Steirern.

Klischees und Widrigkeiten im Drautal

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Was mich nicht sehr freut: dass ich als Radfahrer auf den Landstraßen in Slowenien und Kroatien von Auto-, Bus- und Lkwfahrern ständig in Richtung Straßengraben gedrängt werde. Ja, man soll in den Ländern des so genannten Westbalkans nicht ständig alte Klischees ausgraben. Aber das ist schon lebensgefährlich. Und schade. Denn das Drautal rund um Ptuj und die Weiterfahrt in Richtung Schloss Trakoscan bietet den Radfahrern nur wenige Steigungen und nette Sehenswürdigkeiten.

Via Marija Bistrica zum Zagreber Sljeme

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Die kroatische Zagorje ist von den Touristikern noch immer nicht geortet. Das hat auch Vorteile: Die Landschaft ist schön, hügelig, fruchtbar, wie der Süden der Steiermark. Die Menschen wirken entspannt, die Preise und Leistungen im Wirtshaus (so man eines findet) sind in fairer Balance. Immer wieder kreuzt ein Pilgerweg die Straße nach Marija Bistrica. Die 20 km hinauf auf den Sljeme sind eine krönende Anstrengung. Dafür geht es vom Berg oben in weniger als 20 Minuten ins Zentrum von Zagreb.

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