Mäßiger Austausch zwischen Wien und Brüssel

Viviane Reding: Vom Parlament in die Kommission - und wieder zurück?
In Österreich kandidieren weder Minister noch Kommissare bei der Europa-Wahl - international ist der Austausch zwischen nationaler und europäischer Politik deutlich stärker.
Philipp Hacker-Walton

Philipp Hacker-Walton

Minister sollten EU-Abgeordnete werden - und umgekehrt

von Philipp Hacker-Walton

über Wien und Brüssel

Ein Quereinsteiger, ein Landtagsabgeordneter und viele erfahrene EU-Parlamentarier - so lässt sich zusammenfassen, was man bislang über die Kandidatenlisten der österreichischen Parteien weiß. Was fehlt: aktive und ehemalige nationale Spitzenpolitiker in größerer Zahl. Ex-Wissenschafts- und Justizministerin Beatrix Karl, die bei der ÖVP einen sicheren Listenplatz bekommen dürfte, wird wohl die einzige (Ex-)Regierende aus Österreich sein, die Ende Mai ins EU-Parlament gewählt wird.

Das ist für Österreich nicht weiter überraschend - es gibt hierzulande keine Tradition, dass Minister oder Kommissare für das EU-Parlament kandidieren bzw. EU-Abgeordnete für Spitzenjobs zurück nach Wien geholt werden. Zwei Ausnahmen: Ex-Innenminister Ernst Strasser, der 2009 ÖVP-Spitzenkandidat war - und Maria Berger, die für die SPÖ zunächst jahrelang im EU-Parlament war, dann knapp zwei Jahre Justizministerin und dann wieder EU-Abgeordnete.

Ein Blick ins Ausland zeigt, dass es international durchaus nicht unüblich ist, dass Spitzenpolitiker ins Europäische Parlament wechseln - und auch nicht, dass amtierende Kommissare bei der Europa-Wahl auf der Liste stehen.

Eine Kommissarin als Kandidatin

Justizkommissarin Viviane Reding zum Beispiel soll für die Christlich-Sozialen in Luxemburg antreten. Reding war, bevor sie 1999 in die Kommission wechselte, schon einmal jahrelang im EU-Parlament. Schon bei der EU-Wahl 2009 hat sie wieder für das Parlament kandidiert - um dann doch wieder Kommissarin zu werden.

Der Vorteil liegt auf der Hand: Als Kommissar(in) ist man deutlich bekannter als die meisten Abgeordneten. Der Nachteil: Mancher Wähler könnte es einem übel nehmen, wenn man für eine Institution, das Parlament, kandidiert - und dann in einer anderen, der Kommission, einen Job annimmt. Trotzdem: Die Idee, dass Johannes Hahn für die ÖVP in den EU-Wahlkampf zieht, hat Charme.

Ein Minister als Kandidat

In Finnland kandidiert sogar der amtierende Europa-Minister Alexander Stubb für das EU-Parlament. Stubb ist überhaupt ein Parade-Beispiel für das Wechselspiel zwischen europäischer und nationaler Politik: Begonnen hat er seine Karriere als Sprecher von Kommissionspräsident, dann war er vier Jahre EU-Mandatar, bevor er Außenminister wurde - und jetzt geht er wahrscheinlich wieder zurück nach Brüssel. Ob ins Parlament, ist allerdings auch bei Stubb nicht sicher: Er wird als möglicher neuer finnischer EU-Kommissar gehandelt. Der aktuelle Vertreter Finnlands in der Brüsseler Behörde kandidiert übrigens auch bei der EU-Wahl: Währungskommissar Olli Rehn.

Aus der Regierung nach Brüssel - oder umgekehrt

Die belgischen Liberalen werden im EU-Parlament seit Jahren von Ex-Regierungschef Guy Verhofstadt vertreten - er soll im Mai auch Spitzenkandidat der Europäischen Liberalen sein.

Die CDU hat zumindest einen ehemaligen Ministerpräsidenten, David McAllister, als ihren Spitzenkandidaten auserwählt. Auch das wäre, umgelegt auf Österreich, eine charmante Variante: Ein (ehemaliger) Landeshauptmann wechselt auf die europäische Bühne ...

Wie es in die andere Richtung geht, zeigt sich u.a. in Litauen: Präsidentin Dalia Grybauskaite war Kommissarin in Brüssel, bevor sie zum Staatsoberhaupt gewählt wurde.

Derartigen Austausch gibt es in Österreich nicht - zumindest noch nicht. Dass ein hochrangiger EU-Beamter wie Andrä Rupprechter in die Regierung geholt und Ex-Ministerin Karl nach Brüssel geschickt wird, ist zumindest ein Anfang.

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