Die Kommission, ihr Mittagsgebet und der Weltuntergang
Themen, die die EU-Kommission (nicht) beschäftigen
Feiertag am Freitag, Allerheiligen auch in Belgien - das macht sich bemerkbar im EU-Viertel. Die Institutionen haben geschlossen, wer als Korrespondent heute trotzdem arbeitet, dem fehlt ein Fixpunkt im Tagesablauf: Das tägliche " Mittagsgebet" in der Kommission.
So wird unter Journalisten das Daily Midday Briefing der Kommission genannt, das nur an wenigen Tagen ausfällt: An Feiertagen wie an diesem Freitag - oder wenn untertags ein EU-Gipfel stattfindet, was an ca. fünf Freitagen im Jahr der Fall ist.
Mehrere hundert Korrespondenten sind dauerhaft bei den EU-Institutionen akkreditiert, dazu kommen viele freie Journalisten und jene, die nur vorübergehend da sind. In Summe bilden sie eines der größten, wenn nicht das größte Pressekorps der Welt.
Für die Kommission, die dauernd neue Gesetze vorschlägt und über die Einhaltung der bestehenden wacht, heißt das: Viele Informationen, die zu verteilen, noch mehr Fragen, die Tag für Tag zu beantworten sind.
Punkt zwölf gibt es Infos
Mittagsbriefing also: Jeden Tag um Punkt zwölf (wer will, kann hier ein Zeichen für die deutsche Dominanz in der EU sehen) wird im Berlaymont-Gebäude, dem Sitz der Kommission, zur Informationsausgabe gebeten. Ein Sprecher der Kommission (jeder Kommissar hat mehrere) verkündet zu Beginn die geplanten Veröffentlichungen und Pressekonferenzen für die nächsten Tage. Das klingt auf den ersten Blick nach planwirtschaftlicher Verkündungs- statt offener Informationspolitik, ist in der Praxis aber ein guter Service.
Interessant wird es aber ohnehin erst im zweiten Teil, nach den Verkündungen - wenn es Zeit ist für die Fragen.
Fragen über Fragen
Denn das ist ein wesentlicher Zweck des Mittagsbriefings: Dass die Kommissionssprecher nicht den ganzen Tag über die selben Fragen immer wieder und wieder beantworten müssen. Auch für die Fragenden ist das praktisch: Die Sprecher aller (wichtigen) Kommissare sind verfügbar, man muss sich nicht mit einem "Wir schicken gleich was per Mail" (passiert selten) oder einem "Wir rufen zurück" (passiert noch seltener) zufrieden geben. Und: Man hat, für den gar nicht so seltenen Fall, dass die erste Antwort eher vage ausfällt, einen Saal voller Kollegen, die mithelfen, nachzufragen.
Dabei kann dann alles gefragt werden. Und zwar wirklich alles, wie sich beispielsweise letztes Jahr kurz vor Weihnachten zeigte.
"Gibt es einen Plan für den Weltuntergang?"
Freitag, 21. Dezember, letztes Mittagsbriefing vor der Weihnachtspause. Es ist europapolitisch ein ruhiger Tag, aber nicht weltuntergangstechnisch: Der Maya-Kalender endet heute und manchem Experten zufolge könnte das heißen, dass der Weltuntergang nahe ist.
Also fragt ein Journalist, ob die Kommission, die ja auch sonst für alles eine Strategie vorlege, ein Worst-Case-Szenario habe für den Fall, dass heute die Welt untergehen sollte: "Hat sich die Kommission mit der Möglichkeit befasst, dass die Maya recht gehabt haben könnten?"
Trockene Antwort des Sprechers, der sich ebenso wie der Fragesteller gerade noch zu einer ernsten Miene disziplinieren kann: "Nein, haben wir nicht."
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