24 offizielle und eine inoffizielle EU-Amtssprache
Bad English verstehen alle - außer den Muttersprachlern.
Als Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso vor ein paar Wochen mit dem kanadischen Ministerpräsidenten Stephen Harper ein Handelsabkommen unterzeichnete, wurde er nach der gemeinsamen Pressekonferenz vom mitgereisten kanadischen Fernsehen gebeten, ob er noch ein paar Fragen beantworten könnte - und zwar auf Englisch und Französisch. Na gut, ausnahmsweise, antwortete Barroso scherzhaft - aber dass sich das bloß nicht rumspricht, sonst muss er ja bald jedes Interview in Brüssel in mehr als 20 Sprachen geben.
Von Bulgarisch bis Ungarisch
24 Amtssprachen hat die Union mittlerweile: Bulgarisch, Dänisch, Deutsch, Englisch, Estnisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Irisch, Italienisch, Kroatisch, Lettisch, Litauisch, Maltesisch, Niederländisch, Polnisch, Portugiesisch, Rumänisch, Schwedisch, Slowakisch, Slowenisch, Spanisch, Tschechisch und Ungarisch.
Im EU-Alltag dominieren Englisch, Französisch und Deutsch - praktisch alle Dokumente werden auf jeden Fall in diese drei Sprachen übersetzt, nur wenige in alle anderen. Ähnlich verhält es sich mit Brüsseler Auftritten von Kommissaren, Ministern und Regierungschefs: Hier sind Englisch und Französisch Standard, wichtige Pressekonferenzen oder Plenardebatten im Parlament sind per Live-Übersetzung in einer Vielzahl von Sprachen verfügbar.
Alltagssprache "Schlechtes Englisch"
Neben den 24 offiziellen hat sich auch eine inoffizielle EU-Amtssprache entwickelt: Schlechtes Englisch. Es wird von allen gesprochen und von fast allen verstanden - schwer tun sich manchmal nur jene, die "echtes" Englisch als Muttersprache haben und sich an die holprige Grammatik und die Wortschöpfungen der Nicht-Muttersprachler erst gewöhnen müssen.
Das funktioniert ganz gut, wenn Beamte, Minister und Journalisten miteinander reden - in offiziellen Schriftsätzen ist das aber nicht so gern gesehen, u.a. weil es für Schwierigkeiten beim Übersetzen sorgt. Für die Beamten und Übersetzer gibt es daher sogar ein eigenes Kompendium mit "falsch verwendeten Wörtern und Ausdrücken in den Veröffentlichungen der EU-Institutionen".
"Im Lauf der Jahre haben die EU-Institutionen ein Vokabular entwickelt, das sich von allen anerkannten Formen von Englisch unterscheidet. Es enthält Wörter die nicht exisiteren oder die Muttersprachlern außerhalb der EU-Institutionen relativ unbekannt sind", heißt es im Vorwort des Handbuchs.
Wie "Schlechtes Englisch" in der Praxis aussehen kann & dass es tatsächlich oft die Sprache der Minister untereinander ist, hat Maria Fekter als Finanzministerin in Brüssel einmal ganz anschaulich gezeigt: Wann das zweite Hilfspaket für Griechenland fertig sein solle? "Die Zeit, die wir uns gegeben haben, ist shortly, und auf Ihre Frage, was heißt das, sage ich Ihnen: Shortly, without von delay."
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