Schließmuskelspiele zu später Stunde

Platz 5: Andreas Gabalier am 25. Juni in der "ZiB 24" mit Maria Rauch-Kallat über die gendergereche Textänderung in der Österreichischen Bundeshymne. Der teils hitzige Wortwechsel wurde 241.397 Mal abgerufen.
Andreas Gabalier und Maria Rauch-Kallat kreuzten vier Tage nach dem österreichischen Formel-1-Grand Prix im ORF die Klingen. Thema: Der Text der Bundeshymne.
Peter Temel

Peter Temel

Begleiterscheinung" - der Name ist Programm: In unserem TV-Blog begleiten Sie unsere Autoren durch neue Shows und Serien - zur Orientierung und ganz subjektiv.

Alles spricht nur mehr vom Duell - dem "zweier Freunde", oder dem "zweier Supertypen". Gemeint ist Löw gegen Klinsmann, besser gesagt: Deutschland-USA.

Am Mittwoch gab es beim WM-Abendspiel im ORF hingegen nur eine unbefriedigende Nullnummer zu beobachten. Da ruhten die Hoffnungen des unterhaltungswilligen Fernsehkonsumenten auf einem Duell, das sich kurz nach Mitternacht in der "ZiB 24" abspielte. Ein "Volks-Rock 'n Roller" kreuzte dort die Klingen mit einer Volks(-partei)-Vertreterin.

Dass Andreas Gabalier und Maria Rauch-Kallat gemeinsam eine Fernsehdiskussion bestritten, hatte folgende Vorgeschichte:

Vier Tage davor war doch irgendwas. Genau, Herr Gabalier stand am Sonntagnachmittag auf der Haupttribüne des Red-Bull-Ring und sang vor dem Start des Österreich-Grand-Prix, dem ersten nach elf Jahren Pause, die österreichische Bundeshymne. Nach dem Auftritt diskutierte in den sozialen Medien - zum Glück für Herrn Gabalier - weniger über die musikalische Qualität des Auftritts, sondern darüber, dass der g'standene Steirer mit chronischem Wadel-Zeigezwang die alte Version des Preradovic-Texts verwendete. Die neue, seit 2012 gesetzlich verankerte Version, in der statt der "Heimat großer Söhne" nun auch geschlechtergerecht die Töchter besungen werden, ließ er links liegen.

Ein Gabaliersdelikt (© Dieter Chmelar), aber kein Kavaliersdelikt - wie Rauch-Kallat findet. In der Studiodiskussion ließ die ehemalige Frauenministerin keinen Zweifel daran, dass sie Gabaliers Vorgangsweise vehement verurteilt. Auch wenn es in diesem Fall keine Sanktionen gebe, wenn man sich "über Gesetze hinwegsetzt".

Hysterisches Kulturgut

Gabalier, in betont ruhiger und verbindlicher Art, blieb bei seinem Argument, er habe den Text als Achtjähriger in der Volksschule so gelernt. Ob das ein historisches oder ein "hysterisches" Kulturgut sei, darüber war sich der Sänger auch im zweiten Anlauf nicht ganz sicher. Jedenfalls sei er gewiss nicht frauenfeindlich. "Jeder, der mich kennt, weiß, wie sehr ich meine Damen und die Dirndln bei den Konzerten und überall verehre und auch besinge". Der Songtext von "Sweet Little Rehlein" gibt vielleicht mehr Aufschluss darüber, wie Gabalier das meinen könnte.

Rauch-Kallat hatte sich anschauliche Beispiele zurechtgelegt, um den aufgeweckt agierenden Volkspopper auszuhebeln. Sie, mittlerweile im Pensionsalter, könne auch nicht die Gurtenpflicht negieren, nur weil zu der Zeit, als sie den Führerschein machte, die Autos nicht einmal mit Sicherheitsgurten ausgestattet gewesen seien.

Mit dieser angebrachten Analogie hätte die Profi-Politikerin eigentlich das Auslangen finden können. Wenn nicht der Schließmuskel ins Spiel gekommen wäre. Rauch-Kallat: "Ich gehe davon aus, dass Sie - wie alle Kinder - mit einem Jahr noch in die Windeln gemacht haben, und dass Sie das jetzt nicht mehr tun. Weil Sie gelernt haben, ihren Schließmuskel zu beherrschen." - In Diskussionen geht es nicht nur darum, dem Kontrahenten das Wasser reichen zu können. Manchmal ist man auch gut beraten, das Wasser halten zu können.

Niveauvoll

Gabalier blieb ruhig und bedankte sich am Ende sogar - bewusst staatstragend - für die "niveauvolle Diskussion". Der angebliche Rock 'n Roller weiß eben Volkes Meinung hinter sich. Dass diese über einem Parlamentsentscheid stehen könne, hatte er zuvor in der Diskussion suggeriert. Aussagen wie diese sind in einer repräsentativen Demokratie ganz und gar nicht "unpolitisch" - auch wenn Gabalier sein öffentliches Auftreten als solcherart bezeichnete.

Dass Gabalier jetzt nur mit dem Singen der alten Version den Feinden der Gleichberechtigung unnötiges Diskussionsfutter geben konnte, wie Rauch-Kallat meinte, stimmt nicht ganz. Das Singen der neuen Version hätte wohl für mindestens so viel Geschrei in den Internetforen gesorgt. Denn wann hört man die Hymne im Fernsehen schon mit Text? Das liegt weniger daran, dass Österreichs Nationalkicker vor Länderspielen nur die Lippen auf und zu machen würden, wie Rauch-Kallat meinte, sondern daran, dass die Bundeshymne selten in gesungener Form dargebracht wird.

Will man sich solche Diskussionen, für die Gabalier sogar ein Open End anregte ("Weil der ORF jetzt Serien wiederholt in der Nacht..?"), künftig ersparen, gibt es wohl nur folgende Alternativen: Man lässt nur noch die Blasmusik spielen und überlässt es dem Publikum auf den Tribünen, wie es die Hymne singt - oder man verzichtet gar, wie Spanien, Bosnien und San Marino, auf einen Text.

Der angeblich unpolitische Herr Gabalier hat mittlerweile via Ö3-Wecker eine Volksabstimmung zum Thema "Töchter, Söhne" angeregt - und arbeitet damit weiter an seinem Status als "Marketing-Genie", wie Rauch-Kallat es Mittwochnacht ausdrückte. Die Strategie dahinter ist aber weniger genial, sondern leicht durchschaubar.

Nachzusehen auf: tvthek.orf.at

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