Bitte kein Endloswahlkampf

Bitte kein Endloswahlkampf
Für Rot/Blau/Pilz ist ein später Wahltag wichtig. Daher verschiebt man den Termin nach hinten.
Martina Salomon

Martina Salomon

Müssen wir nun auch noch den kommenden Wahlkampf in die Länge ziehen? Schaut ganz danach aus. Theoretisch könnte Österreich ja unter Rücksicht aller bürokratischen Fristen „schon“ Anfang September wählen, wie dies der Bundespräsident gewünscht hat.

Aber die „Misstrauenskoalition“ Rot-Blau-Jetzt hat ein gemeinsames großes Interesse an einem möglichst späten Wahltermin – und kann das dank ihrer Mehrheit im Parlament auch durchsetzen. Schließlich müssen sie den Sieger-Nimbus von Sebastian Kurz brechen, vergessen machen, dass er Bundeskanzler war – und auch darauf warten, dass die Wut der Wähler über die unnötige Abwahl der gesamten Bundesregierung verraucht. Außerdem sind alle drei Parteien in einer Verfassung, in der jede weitere Woche Atempause zählt.

Die FPÖ muss die desaströsen Bilder des Ibiza-Videos vergessen machen, vielleicht sogar ihre Regierungsbeteiligung. Sie mauschelt in erstaunlicher Vertrautheit mit den Roten und wird wieder zu ihren „alten“ Themen zurückkehren, allen voran Migration.

Für den Grün-Abspalter Jetzt ist nach der Wahl überhaupt Schluss mit Lustig. Peter Pilz muss daher noch die Grünen überzeugen, ihm wieder Unterschlupf zu bieten. Damit genießt er weiterhin Immunität und muss sich keinem Prozess wegen übler Nachrede stellen. Die Bundes-SPÖ muss sich nach Meinung aller Experten erst wieder stabilisieren und eigenständige Themen finden. Das Mantra „Abgrenzung gegen rechts“ ist noch zu wenig. Und sie sollte ihre Schlüsse aus dem schlechten Wahlergebnis vom letzten Sonntag ziehen.

„Schnappt Shorty“

Was das bedeutet? Dass wir uns auf eine unnötig lange „Zeit fokussierter Unintelligenz“ einstellen müssen, wie Ex-Bürgermeister Michael Häupl einst über Wahlzeiten meinte: ganze vier Monate, noch dazu mit einer reinen Beamtenregierung, die in Brüssel in den nächsten wichtigen Monaten kein Gewicht haben kann. Durch die sozialen Medien wabert schon jetzt die Aggression der Lager. „Schnappt Shorty“ facebooken die einen in großen bunten Lettern. #Linkedürfenalles twittern die anderen empört.

Auch dank des Endlos-Wahlkampfes um die Hofburg kann man sich die neuerliche Spaltung des Landes ausmalen. Eine Dauer-Schlammschlacht schafft Gräben, die eine Rückkehr zur Sachlichkeit und auch künftige Koalitionen schwierig machen. Dass daran nur eine Seite schuld ist, kann man natürlich ausschließen.

Für die ÖVP wäre es vorteilhaft, in vier Wochen zu wählen, wie das etwa Griechenland locker schafft. Ist bei uns aber ohnehin nicht möglich. Aber ein echtes Argument für möglichst späte Wahlen gibt es nicht. Es werden Anfang September ja nicht alle auf Ibiza sein.

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