Babyklappe: Frauen brauchen ernstgemeinte Hilfe

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Einer jungen Mutter droht eine Haftstrafe. Dabei hat sie in einer Notsituation viel richtig gemacht.
Julia Schrenk

Julia Schrenk

Im schlimmsten Fall sind es fünf Jahre, im für sie besten Fall sechs Monate.

Das ist die Strafe, die einer jungen Mutter aus der Steiermark droht, weil sie ihr Neugeborenes in der Tiefgarage eines Spitals abgelegt hat - anstatt es in die Babyklappe zu legen. Dabei hatte sie genau das vor.

Vergangenen Samstagnachmittag bringt die 29-Jährige in Deutschlandsberg eine Tochter zur Welt. Sie will ihr Kind nicht, hat die Schwangerschaft geheim gehalten. Nach der Geburt fährt sie selbst ins knapp 50 Kilometer entfernte Graz, um das Mädchen in der Babyklappe des LKH abzulegen.

Doch dort ist viel los und die Hecke, die den Bereich rund um die Babyklappe verdecken soll, ist kahl. Sie hat Angst, gesehen zu werden und wartet eine Stunde mit ihrem Kind in einer Sporttasche, eingewickelt in Handtücher. Dann legt sie es in der Tiefgarage ab. Ein Besucher findet es und bringt es ins Spital. Das Kind schwebt in Lebensgefahr.

Mittlerweile ist das Mädchen über den Berg. Die Mutter wurde angezeigt, nach Paragraf 82 des Strafgesetzbuches:

"Wer das Leben eines anderen dadurch gefährdet, daß er ihn in eine hilflose Lage bringt und in dieser Lage im Stich läßt, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen."

Nur wer sein Kind anonym in einem Spital bekommt (oder dort abgibt) oder sein Neugeborenes in eine Babyklappe legt, geht ohne Strafe aus.

Die junge Frau aus der Steiermarkt hat in einer Ausnahmesituation ziemlich viel richtig gemacht: Sie hat ihr Kind geboren und wollte es dort abgeben, wo es medizinisch gut versorgt wird. Sie wollte also ein Angebot annehmen, das Spitäler für genau solche Fälle bereitstellen. Und das der Staat 2001 durch einen Erlass gewürdigt hat, der das Weglegen eines Kindes in eine Babyklappe straffrei macht.

Das Spital, das dieses Angebot bereitstellt, hat ziemlich viel falsch gemacht.

Weil die Hecke, die als Sichtschutz dienen soll, im Winter viel zu kahl ist, um irgendwas abzudecken.

Und weil der Leiter der Geburtenklinik zwar angibt, die Kritik zum Teil nachvollziehen zu können, aber auch sagt, dass die Frau noch ein wenig hätte warten können - bis weniger los ist am Krankenhaus-Areal.

Das ist geradezu zynisch.

Das LKH überlegt nun, einen "jahreszeitentauglichen Sichtschutz" anzubringen. Das wäre löblich, wenn derselbe Arzt nicht gesagt hätte, dass der neue Sichtschutz kein "zeitlicher Notfall" sei, weil ohnehin kaum Kinder in die Babyklappe gelegt werden.

Das ist geradezu ein Hohn.

Entweder man schafft ein Angebot und nimmt es ernst. Oder man überlässt das anderen, die dem Thema mit der nötigen Ernsthaftigkeit begegnen.

Der Frau, die ziemlich viel richtig gemacht hat, bleibt jetzt nur noch die Hoffnung auf ein mildes Urteil vor Gericht.

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