Warum "Schlächter des Balkans" in Moskau ein Denkmal bekommt

Die Statue von Slobodan Milošević, ein Werk des serbischen Künstlers Dragan Radenović 
Der inzwischen verstorbene ehemalige Präsident Serbiens, der sich wegen Kriegsverbrechen verantworten musste, hat in Russland einen prominenten Fan.

17 Jahre nach seinem Tod wird Slobodan Milošević ein Denkmal bekommen. Allerdings nicht in Serbien, dem Land, in dem er 13 Jahre lang an der Macht war, sondern ganz weit weg. Mitte Juni soll am Europaplatz im Zentrum Moskaus eine zwei Meter große Statue des inzwischen verstorbenen Ex-Präsidenten enthüllt werden. Das bestätigte im Gespräch mit der auflagenstarken Boulevardzeitung Moskowski Komsomolez Marat Baschirow, ein Professor von der Hochschule für Wirtschaftswissenschaften in Moskau.

Die in Serbien in Bronze gegossene Skulptur ist das Werk des Belgrader Bildhauers Dragan Radenović. Sie stellt Milošević dar, der eine Maske in der Hand hält. Diese erinnert stark an das berühmte Gemälde des norwegischen Malers Edvard Munch "Der Schrei". Die Intention des Machers ist nicht überliefert, die Beweggründe für die Errichtung einer Statue für den einst aus seinem präsidialen Sitz geschassten Präsidenten schon. 

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Widerstand gegen Milošević-Denkmal in Belgrad

Vor Jahren hatten sich Milošević-Anhänger vehement dafür eingesetzt, dass ihr Idol in Belgrad ein Denkmal bekommt. Sie stießen aber auf reichlich Widerstand. "Das wäre eine Überschreitung der Zivilisationsgrenze", fand Marko Milosavljević von der Jugendinitiative für Menschenrechte damals klare Worte für die Bestrebungen des Vereins "Sloboda" (serbisches Wort für Freiheit, Anm.). "Ich würde es sofort abreißen", stellte Milosavljević im Gespräch mit Radio Free Europe klar.

Der vom ehemaligen Ministerpräsidenten der Bundesrepublik Jugoslawien und ehemaligen Präsidenten Montenegros, Momir Bulatović, angeführte Verein, hatte zuvor bei der Kommission für Denkmäler und Namen von Straßen und Plätzen in Belgrad eine entsprechende Initiative eingereicht.

"Leben für die Freiheit des serbischen Volkes geopfert"

Einige Jahre wurde es ruhig um die Initiative - bis der Verein abermals aufbegehrte. Milošević gehöre dafür gewürdigt, dass er sich "für die Freiheit des serbischen Volkes und Serbiens opferte", forderte "Sloboda" 2021 und erhob erneut schwere Vorwürfe gegen das Internationale Strafgerichtshof in Den Haag.

Dort solle der ehemalige Präsident Serbiens am 11. März 2006 ihrer Theorie nach "umgebracht" worden sein. Tatsächlich erlag der am 1. April 2001 in Belgrad verhaftete Milošević in seiner Zelle in UN-Haft in Den Haag den Folgen eines Herzinfarkts. Das ergab eine Autopsie. Sein Urteil erlebte der als Kriegsverbrecher angeklagte 64-Jährige nicht - ebenso wenig wie ein Denkmal in Belgrad, der Stadt, in der er so lange regierte. 

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Serbien als Partner Russlands

Milošević sei in erster Linie "das erste Opfer der verbrecherischen NATO" gewesen, den "serbische Verräter" nach Den Haag ausgeliefert haben. Er habe "die Verteidigung des Heimatlandes mit seinem Leben bezahlt", nachdem er lange heldenhaft daran festgehalten habe, dass die von den USA geführte NATO mit den Luftangriffen gegen Serbien im Jahr 1999 ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hatte. "Wir Russen haben dann einen großen Fehler gemacht, indem wir Serbien nicht entschieden verteidigt haben", sagte Baschirow.

Baschirow erklärte, dass das Denkmal zeigen solle, dass sich "die Geschichte sehr oft wiederholt, wenn wir Fehler machen". Das sei eben 1999 passiert, zog er eine Parallele zwischen NATO-Intervention in Serbien und dem, was nun passiere. Sprich eine Ungerechtigkeit, die NATO zu verschulden hat. 

Der russische Professor glaubt, dass "Serbien historisch gesehen vielleicht unser einziger offensichtlicher Verbündeter und Partner bleibt - obwohl es unter ständigem Druck steht, irgendwelche Sanktionen gegen uns einzuführen". Russlands anderer Verbündeter sei aus seiner Sicht Ungarn, "vor allem aber aus wirtschaftlichen Gründen". 

Das Denkmal soll laut Baschirow fertig und bereits nach Moskau geliefert sein. Begleitet wurde die Statue auf ihrem langen Weg nach Moskau übrigens von einigen Mitgliedern des berüchtigten Motorrad-Klubs "Nachtwölfe". Der Anführer der kremlnahen Biker Alexander Saldostanow hat sich in der Vergangenheit als Milošević-Anhänger geoutet. Dem Bericht des Moskowski Komsomolez zufolge war der auch unter dem Spitznamen "Chirurg" bekannte Biker-Häuptling, der den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und russischen Imperialismus befürwortet, einer der Initiatoren eines Milošević-Denkmals in Moskau gewesen sein. 

Putin-Freund Saldostanow habe demnach vor, auch in Serbien ein Denkmal für den ehemaligen serbischen Präsidenten zu errichten. Zuerst müsse das Eis im weiten Moskau gebrochen werden, heißt es im Bericht. Damit wird sich Moskau in die kurze Liste der Städte auf dieser Welt einreihen, die ein Slobodan-Milošević-Denkmal haben. Die andere ist seine Heimatstadt Požarevac. 

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