Srebrenica-Resolution: Vučić als "Löwe" im Kampf für Serbien
In Belgrad und seinen 17 Bezirken sowie landesweit in weiteren 65 Kommunen finden am 2. Juni serbische Kommunalwahlen statt.
Die seit 2012 regierende Serbische Fortschrittspartei (SNS) tritt zum ersten Mal im Bündnis aller zur Regierungskoalition gehörenden Kräfte, darunter auch der Sozialisten (SPS), auf. Führende Oppositionskräfte wollen den Urnengang in Belgrad allerdings boykottieren.
Der Grund liegt in den seit den Parlamentswahlen im Dezember, als über zahlreiche Unregelmäßigkeiten berichtet wurde, praktisch unveränderten Wahlbedingungen. Zwar wurde das Wählerverzeichnisgesetz kürzlich ergänzt, was die Wählermigration am Wahltag nach Ansicht von Experten zwar verringern, allerdings nicht auch gänzlich verhindern dürfte.
Keine Chancen für Opposition
Angesichts des in Belgrad angekündigten Wahlboykottes der proeuropäischen Partei für Freiheit und Gerechtigkeit (SSP) sowie der nationalkonservativen Demokratischen Partei Serbiens (DSS) hat die Opposition im Ringen um das Belgrader Stadtparlament keine Erfolgsaussichten. Anderswo in Serbien, vor allem in Niš und Novi Sad, scheint die Opposition besser dazustehen.
Die Regierungsparteien treten trotz Kritik des OSZE-Menschenrechtsbüros (ODIHR) und anderer internationaler und heimischer Wahlbeobachter erneut unter dem Diktierstab des Präsidenten Aleksandar Vučić auf, der wie eben schon im Dezember gar nicht als Kandidat aufgestellt ist.
Vučić setzt auf Srebrenica
Vučić setzt dabei auf eine sichere Karte, den Schutz der "nationalen Interessen und des serbischen Staates". Konkret geht es dieses Mal um eine Resolution zu Srebrenica, über welche die UNO-Vollversammlung am Donnerstag abstimmen soll. Nachdem er am Montag, in erster Morgendämmerung vor laufenden Kameras den Segen des serbisch-orthodoxen Patriarchen Porfirije erhalten hatte, war Vučić nach New York abgereist, um, wie regierungsfreundliche Medien berichteten, wie "ein Löwe" um die serbischen Interessen zu ringen.
Durch die UNO-Resolution soll der 11. Juli zum internationalen Tag der Erinnerung an die Opfer des Völkermordes von Srebrenica erklärt werden. In der einstigen ostbosnischen muslimischen Enklave wurden im Juli 1995 von bosnisch-serbischen Truppen unter Befehl von Ratko Mladić rund 8.000 muslimische Männer und Jugendliche brutal ermordet.
"Schmutziges Spiel"
In der Präambel der Resolution wird auf Vorschlag Montenegros ausdrücklich hingewiesen, dass es sich um die individuelle Verantwortung für den Völkermord handle, die keiner ethnischen, religiösen oder sonstigen Gruppe zuzuschreiben wäre. Vučić hat die Formulierung am Wochenende als ein "schmutziges Spiel" abgetan. Er reise nach New York, um mit "ganzer Kraft und Herz für die Zukunft des Landes" zu ringen, ließ er auf sozialen Netzwerken wissen.
Auch wenn Serbien und die kleinere bosnische Entität, die Republika Srpska, in der Resolution an keiner Stelle namentlich erwähnt werden, behauptete Serbiens Präsident wiederholt, dass sich sein Land nach ihrer Annahme mit Forderungen auf Kriegsschadenersatz konfrontieren müsste, während der Republika Srpska gar die Auflösung drohen würde. Expertenmeinungen, dass dies gar nicht stimmen würde, wurden allerdings nur von regierungskritischen Medien gebracht und blieben breiterer Öffentlichkeit unbekannt.
Verurteilung ohne Benennung
Das UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien (ICTY) hatte 2004 das Massaker von Srebrenica als Völkermord definiert. Der Internationale Gerichtshof (IGH) hatte dies 2007 getan, wobei er auch feststellte, dass Serbien am Völkermord nicht direkt beteiligt war. Die damaligen Belgrader Behörden hatten nach der IGH-Meinung allerdings nichts unternommen, um den Völkermord zu verhindern.
Serbiens Parlament hatte 2010 das Massaker von Srebrenica verurteilt, ohne den Begriff Völkermord zu verwenden. Es berief sich gleichzeitig aber auch auf die ICTY-Urteile.
Dass die UNO-Vollversammlung die Resolution annehmen wird, steht fest. Ebenso ist es im Voraus klar, dass die Mehrheit jener Menschen, die von der SNS organisiert zu ihren Wahlkundgebungen anreisen, am Wahltag für "Vučić" abstimmen werden. Ob er denn auch irgendeinen Bürgermeisterposten erhalten soll, war dabei den vom TV-Sender N1 Befragten nicht klar. Sie werde für Vučić abstimmen, egal welchen Posten er gerade innehabe, meinte eine ältere Frau.
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