Führt Serbien erstmals Russland-Sanktionen ein? Alle warten auf ein Dokument

Aleksandar Vučić steht vor unpopulären Entscheidungen. Der Druck seitens der EU wächst.
Es gibt Anzeichen, dass Präsident Vučić dem Druck der EU nachgeben könnte. Ein "verloren" gegangenes Papier verzögert das aber.

Sich in Geduld üben. Genau das muss derzeit der Ausschuss des serbischen Parlaments für auswärtige Angelegenheiten. Denn seit Mitte Jänner ist das Gremium gezwungen, eine Sitzung zu verschieben, die für das Balkan-Land nicht wegweisender sein könnte. Diskutiert werden soll die Anpassung der serbischen Außenpolitik an die der EU sowie die Einführung "bestimmter Sanktionen" gegen Russland. 

Der Grund für die Terminverschiebung fällt in die Kategorie "kurios": Ein wichtiges Dokument mit der Stellungnahme des Außenministeriums sei irgendwo auf dem Weg zum serbischen Parlament "verloren" gegangen. Die Mitglieder des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten fragen sich, wo es geblieben ist.

"Das Dokument ist immer noch nicht da"

Bei der letzten Parlamentssitzung hakte der Ausschussvorsitzende Borko Stefanović sogar beim Präsidenten Aleksandar Vučić nach. Dieser solle helfen, zu ermitteln, wo das famose Papier verloren gegangen sein könnte. Bisher habe Stefanović kein Feedback bekommen.

"Das Dokument ist immer noch nicht da. Es ist klar, dass die Regierung einer Diskussion um dieses wichtige Thema aus dem Weg geht - geschweige denn, dass sie an dem dafür vorgesehenen Platz, dem Parlament, darüber entscheidet", sagte Stefanović im Gespräch mit der serbischen Tageszeitung Danas.

"Ich werde jedoch darauf bestehen, dass der Ausschuss eine Sitzung zu diesem Thema abhält und Entscheidungen trifft, nachdem er alle notwendigen Materialien für die Entscheidungsfindung erhalten hat", erklärte der oppositionelle Politiker, der zugleich einer der Autoren der Resolution ist.

Führt Serbien erstmals Russland-Sanktionen ein? Alle warten auf ein Dokument

Borko Stefanović drängt auf Entscheidungen der Regierung, die für Serbien wegweisend sind. 

EU-Warnungen 

Stefanović betonte, dass das Thema "Einführung der Sanktionen für Russland" zuletzt noch akuter geworden ist - durch die Warnungen seitens der EU. Darüber informierte am Samstagabend Staatsoberhaupt Vučić, der sich zuvor bei der Münchner Sicherheitskonferenz mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell getroffen hatte, sein Volk über Instagram. "Gespräch mit Josep Borrell und Vorbereitung der Fortsetzung des Dialogs zwischen Belgrad und Prishtina. Serbien wird scharf kritisiert, weil es keine Sanktionen gegen die Russische Föderation verhängt hat. Die Gespräche sollen wieder aufgenommen werden", wurde der Präsident auf dem Profil seiner Partei zitiert. 

Die Experten deuteten diesen Instagram-Beitrag als den nächsten Versuch Vučićs, die Öffentlichkeit auf ein Szenario vorzubereiten, das vielen Serbinnen und Serben nicht schmecken dürfte. Man geht davon aus, dass der 52-Jährige den deutsch-französischen Vorschlag zur Lösung des Dauerkonflikts im Kosovo akzeptieren und schlussendlich doch dem befreundeten Russland Sanktionen auferlegen könnte. Diese zwei großen Entscheidungen müsse der Präsident seinem Volk vorsichtig beibringen, wolle er nicht allzu viele Wählerstimmen verlieren. Die Zeit drängt aber. 

"Wir müssen Serbien vor Isolation schützen"

"Wir dürfen Warnungen der EU auf keinen Fall ignorieren oder verharmlosen. Wir müssen diese Entscheidungen in unserem eigenen Interesse treffen und nicht wegen externer Forderungen. Uns ist die Zeit bereits ausgegangen, wir müssen Serbien nun vor Isolation und wirtschaftlichen Problemen schützen", stellt Stefanović gegenüber Danas fest. "Hier entscheidet der Kopf, nicht die Emotionen, nicht Mythen und Legenden, sondern die Interessen Serbiens und seiner Bürgerinnen und Bürger". 

Die Serben dürfen sich nicht "auf der anderen Seite der virtuellen Berliner Mauer, die gerade neu entsteht" wiederfinden, warnte Stefanović.

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